VwGH: § 66 Abs 4 AVG – reformatorische Entscheidungsbefugnis und Sachverhaltsfeststellung
Die Wendung, dass die Berufungsbehörde "in der Sache selbst" zu entscheiden hat, bedeutet, dass sie sich mit der vorliegenden Verwaltungssache in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen hat; sie hat den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und rechtlich zu beurteilen und ein allenfalls bestehendes Ermessen auszuüben
§ 66 Abs 4 AVG, § 37 AVG, § 39 AVG
GZ 2013/15/0298, 22.05.2014
VwGH: Gem § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde - außer dem in § 66 Abs 2 AVG erwähnten Fall - sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Wendung, dass die Berufungsbehörde "in der Sache selbst" zu entscheiden hat, bedeutet, dass sie sich mit der vorliegenden Verwaltungssache in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen hat. Sie hat den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und rechtlich zu beurteilen und ein allenfalls bestehendes Ermessen auszuüben. Die Behörde hat hierbei nach dem das Verwaltungsverfahren beherrschenden Grundsatz der Amtswegigkeit (§ 39 Abs 2 AVG) und der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG) von sich aus den Sachverhalt festzustellen.
Diesen Grundsätzen ist die belBeh im Beschwerdefall nicht nachgekommen, wenn sie ohne neuerlichen Vorhalt vom Nichtvorliegen abzugsfähiger Aufwendungen iSd § 48 Abs 5 Z 1 Fernmeldegebührenordnung ausgeht, obwohl der Bf in seiner Berufung vorgebracht hat, dass er das maßgebliche Schreiben der Abgabenbehörde erster Instanz hinsichtlich allfälliger abzugsfähiger Mietaufwendungen nicht erhalten hat.