02.09.2014 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob das Gericht zur Beantwortung der Frage nach der Erhaltungspflicht nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 den Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts ernster Schäden prüfen muss oder ob dessen bloße Möglichkeit bereits hinreicht, um die Erhaltungspflicht auszulösen

Dass eine sehr nachteilige Grundwasserentwicklung aus derzeitiger Sicht - wie für viele künftige Entwicklungen geradezu typisch - nur nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, reicht allein für das Sanierungsbegehren nicht aus


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, ordentliche Verwaltung, ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile, Wahrscheinlichkeit des Eintritts ernster Schäden
Gesetze:

§ 28 WEG 2002, § 30 WEG 2002, § 3 MRG

GZ 5 Ob 66/14p, 20.05.2014

 

OGH: Zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft gehört gem § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft iSd § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Gem § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 kann jeder Wohnungseigentümer die Entscheidung des Gerichts darüber verlangen, dass Arbeiten iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden.

 

Jede Erhaltung setzt eine Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung voraus. Wesentliches Kriterium für die Durchsetzbarkeit der von einem Wohnungseigentümer nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG begehrten Erhaltungsmaßnahme ist überdies deren Dringlichkeit, ebenso ist auf wirtschaftliche Aspekte wie den Kostenaufwand und die Finanzierbarkeit der Erhaltungsmaßnahme Bedacht zu nehmen. Sämtliche genannten Kriterien sprechen beim hier vorliegenden Sachverhalt gegen die von der Antragstellerin begehrten Maßnahmen (grundwasserdichte Ausführung ihres Kellers).

 

Insgesamt sind derzeit erhebliche Schwankungen des Grundwasserspiegels, insbesondere in näherer Zukunft und in einem bedenklichen Ausmaß, nicht als absehbar festgestellt. Es besteht daher momentan kein dringender Handlungsbedarf, der finanziell sehr aufwändige Baumaßnahmen rechtfertigt, die von der Eigentümergemeinschaft und den Miteigentümern nicht leicht finanziert werden können. Dass eine sehr nachteilige Grundwasserentwicklung aus derzeitiger Sicht - wie für viele künftige Entwicklungen geradezu typisch - nur nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, reicht allein für das Sanierungsbegehren der Antragstellerin nicht aus.