04.08.2014 Zivilrecht

OGH: Zulässiger Rücktritt vom (modifizierten) Kaufvertrag gem § 3a KSchG

Es genügt, wenn die Erklärung des Verbrauchers erkennen lässt, dass er das Zustandekommen oder die Aufrechterhaltung des Vertrag ablehnt; es muss also nur der Wille des Verbrauchers zum Rücktritt unzweifelhaft zum Ausdruck kommen; der Rücktritt wirkt ex tunc und ist unwiderruflich


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Rücktrittsrecht, Rücktrittserklärung, Willenserklärung
Gesetze:

§ 3a KSchG, § 3 KSchG, § 914 ABGB

GZ 3 Ob 59/14v, 21.05.2014

 

OGH: Nach § 3a Abs 5 KSchG gilt für die Rücktrittserklärung § 3 Abs 4 KSchG sinngemäß. Danach genügt es, wenn die Erklärung des Verbrauchers erkennen lässt, dass er das Zustandekommen oder die Aufrechterhaltung des Vertrags ablehnt; es muss also nur der Wille des Verbrauchers zum Rücktritt unzweifelhaft zum Ausdruck kommen. § 914 ABGB gilt auch für einseitige Willenserklärungen. Die daraus abzuleitenden Rechtsfolgen sind daher danach zu beurteilen, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen zu verstehen war, wobei auch jene Umstände zu berücksichtigen sind, unter denen die Erklärung abgegeben wurde.

 

Es steht fest, dass die Beklagte schon vor dem schriftlichen Rücktritt mündlich die Beendigung des Vertragsverhältnisses verlangte; davon, dass schon damals von der Beklagten die Einhaltung einer Kündigungsfrist oder ein späterer Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung angesprochen worden sei, ist in den Feststellungen keine Rede, sodass die Klägerin vom Wunsch nach einer unbefristeten Vertragsauflösung auszugehen hatte. Von diesem Verständnis abzugehen, bot auch der Inhalt der schriftlichen Rücktrittserklärung - ungeachtet ihres Wortlauts - keinen zwingenden Anlass, weil nicht nur die vorhergehende mündliche Äußerung der Beklagten zu bedenken war, sondern auch die Vertragsgestaltung. In der Ergänzung zum Kaufvertrag, die diesen zur Übergabe und zur Zahlung des Kaufpreises modifizierte, ist aber die Rede davon, dass die damit eingeräumte Benützung des Kaufobjekts gegen Bezahlung von monatlichen Beträgen eine Art Pachtvertrag darstelle. Die Kündigung von Bestandverträgen erfordert die Einhaltung von Kündigungsfristen (§ 560 ZPO). Die Klägerin, deren Sphäre auch die Formulierung der Ergänzung zum Kaufvertrag entstammt, musste den offensichtlichen Konnex zwischen deren Text und dem Inhalt der Rücktrittserklärung erkennen. Sie vertrat stets den (zutreffenden) Standpunkt, es sei ungeachtet der unglücklichen Textierung der Ergänzung bei einem Kaufvertrag geblieben, sodass ihr der offenbare Rechtsirrtum der juristisch nicht beschlagenen Beklagten als redliche Erklärungsempfängerin nicht verborgen bleiben durfte.

 

Das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen, aus dem Kündigungsschreiben der Beklagten sei der Wille der Beklagten zur (gemeint: sofortigen) Beendigung des gesamten Vertragsverhältnisses klar erkennbar gewesen, ist somit jedenfalls vertretbar. Von einer auffallenden Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müsste, kann daher keine Rede sein. Der hier vorgenommenen Vertragsauslegung kommt deshalb keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

 

Angesichts des erzielten Auslegungsergebnisses verbleibt für eine Anwendung des § 915 ABGB kein Raum mehr.

 

Der - hier anzunehmende - Rücktritt vom Kaufvertrag wirkte auf den Abschlusszeitpunkt zurück. Rücktrittserklärungen sind unwiderruflich, weshalb dem Schreiben des Ehegatten der Beklagten vom 9. April 2010 schon aus diesem Grund keine Relevanz zukommt.