OGH: Bestechlichkeit nach § 304 StGB (hier: Mitglied des Europäischen Parlaments)
„Gegenleistung für ein Amtsgeschäft kann“, „ein Vorteil nur sein, wenn das Amtsgeschäft oder die Amtsgeschäfte, auf die er sich bezieht, bestimmt oder wenigstens bestimmbar sind“; dazu bedarf es eines konkreten Lebensbezugs bereits im Zeitpunkt des Forderns, nicht bloß von Kompetenzkategorien; sonst bezieht sich der Vorteil bloß auf „die Amtstätigkeit“ und erfüllt den Tatbestand des § 304 Abs 1 StGB nicht
§ 304 StGB
GZ 17 Os 20/13i, 26.11.2013
OGH : Für die Vollendung des Tatbestands nach § 304 Abs 1 StGB spielt es keine Rolle, ob das Amtsgeschäft tatsächlich vorgenommen oder unterlassen wird. Vielmehr genügt es, dass der Täter den Vorteil für ein in der Zukunft liegendes Amtsgeschäft fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. Da es somit auch nicht auf die Art und Weise der tatsächlichen Ausführung des Amtsgeschäfts ankommt, betrifft die Kritik an der Nichtberücksichtigung von Beweisergebnissen zum Modus der Interventionsversuche des Angeklagten beim Zeugen Karl-Heinz F keine entscheidenden Tatsachen.
Dass die Gesprächspartner des Angeklagten den versprochenen Geldbetrag auch tatsächlich zu zahlen bereit gewesen wären, wird von § 304 Abs 1 StGB nicht verlangt. Ebenso wenig setzt § 304 Abs 1 StGB voraus, dass das Fordern, Annehmen oder Sich-versprechen-lassen sich auf die Leistung aufgrund einer gültig zustande gekommenen Vertragspflicht bezieht.
Entgegen der Auffassung des Angeklagten wird schließlich ein Amtsgeschäft pflichtwidrig vorgenommen oder unterlassen, wenn der Täter dem Vorteil, den er fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, einen Einfluss auf dessen Erledigung einräumt. Die von Bertel bejahte Frage, ob die Einhaltung eines Ermessensspielraums Pflichtwidrigkeit ausschließt (außer der Amtsträger räumt „einem persönlichen Vorteil Einfluss auf seine Entscheidung“ ein), stellt sich schon deshalb nicht, weil das vom Angeklagten angesprochene Ermessen einen Spielraum meint, den der Gesetzgeber Organwaltern der Vollziehung gewährt, wogegen den Bezugspunkt des angefochtenen Strafurteils Amtsgeschäfte eines Organwalters der Gesetzgebung bilden. Davon abgesehen hat der Angeklagte nach Maßgabe der erfolglos in Frage gestellten Feststellungen des Schöffengerichts gar wohl „einem persönlichen Vorteil Einfluss auf seine Entscheidung“ eingeräumt, worin Bertel ohnehin zutreffend Pflichtwidrigkeit erblickt.
„Gegenleistung für ein Amtsgeschäft kann“, „ein Vorteil nur sein, wenn das Amtsgeschäft oder die Amtsgeschäfte, auf die er sich bezieht, bestimmt oder wenigstens bestimmbar sind“. Dazu bedarf es eines konkreten Lebensbezugs bereits im Zeitpunkt des Forderns, nicht bloß - wie hier - von Kompetenzkategorien. Sonst bezieht sich der Vorteil bloß auf „die Amtstätigkeit“ und erfüllt den Tatbestand des § 304 Abs 1 StGB nicht.
Mitglieder des Europäischen Parlaments sind auch "Gemeinschaftsbeamte" iSd § 74 Abs 1 Z 4b StGB. Diese Begriffsbestimmung spielt aber für die Einordnung als Tatsubjekt der §§ 304 bis 307b StGB mangels Erwähnung in diesen Strafvorschriften keine Rolle mehr. Die Beibehaltung des - durch das StRÄG 2008 um die Definition des Europäischen Abgeordneten angereicherten - § 74 Abs 1 Z 4b StGB erfolgte bloß wegen der damals ausdrücklich nur infolge der (nicht auf sämtliche Amtsträger, jedoch auch) auf Gemeinschaftsbeamte abstellenden Strafvorschriften der §§ 304 Abs 2 und 307 Abs 2 StGB idF StRÄG 2008 (BGBl I 2007/109; vgl EBRV 285 BlgNR 23. GP, 6; aufgehoben durch das KorrStrÄG 2009, BGBl I 2009/98).