30.06.2014 Zivilrecht

OGH: § 1489 ABGB – Beginn der Verjährung (Primärschaden und Folgeschaden)

Es kommt auf die objektive Vorhersehbarkeit für den Geschädigten und nicht auf die ex-post-Betrachtung von Sachverständigen an; Folgeschäden sind dann nicht vorhersehbar, wenn zum schädigenden Ereignis, das den Erstschaden herbeigeführt hat, weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen und nicht abzusehen ist, ob es tatsächlich dazu kommen wird


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verjährung, Primärschaden, Folgeschaden
Gesetze:

§ 1489 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 226 ZPO, § 228 ZPO

GZ 3 Ob 23/14z, 08.04.2014

 

OGH: Nach der in stRsp vertretenen „gemäßigten Einheitstheorie“ beginnt die dreijährige Verjährungsfrist auch für künftige vorhersehbare Teil-(Folge-)Schäden mit dem Eintritt des ersten Schadens (Primärschadens) zu laufen. Der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden hat der Geschädigte daher dann, wenn ihm schon ein Primärschaden entstanden ist, mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen oder jedenfalls ein außergerichtliches Anerkenntnis des Schädigers zu erwirken. Es kommt auf die objektive Vorhersehbarkeit für den Geschädigten und nicht auf die ex-post-Betrachtung von Sachverständigen an. Folgeschäden sind allerdings dann nicht vorhersehbar, wenn zum schädigenden Ereignis, das den Erstschaden herbeigeführt hat, weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen und nicht abzusehen ist, ob es tatsächlich dazu kommen wird. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Eintritt des Folgeschadens zu laufen.

 

Der nunmehr vom Kläger gegen den Beklagten verfolgte Schaden, den er darin erblickt, dass der Kläger die Kosten der Ersatzvornahme (neuerlich) zu bezahlen und die Kosten des gegen die Verkäuferin erfolgreich geführten Prozesses selbst zu tragen habe, stellt einen Folgeschaden dar, dessen Verjährung iSd gemäßigten Einheitstheorie zunächst davon abhängt, ob seine Voraussehbarkeit schon bei Eintritt des Primärschadens bestanden hat. Das ist zu verneinen, weil dazu ein weiterer Umstand hinzutreten musste, nämlich die Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers, die sich jedenfalls mit der Konkurseröffnung manifestierte, die (erstmals) mit Beschluss vom 26. Mai 2008 erfolgte. In diesem Sinn argumentiert ohnehin auch der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung, stellt aber auf die „tatsächliche“ und „endgültige Zahlungsunfähigkeit“ des Bauträgers ab, womit erkennbar, allerdings ohne nähere Begründung erst die Eröffnung des zweiten Insolvenzverfahrens im Februar 2011 gemeint ist.

 

Dem ist allerdings nicht zu folgen, weil nach der dargestellten Rechtslage vom Eintritt des nunmehr geltend gemachten Folgeschadens des Klägers bereits mit der ersten Konkurseröffnung am 26. Mai 2008 auszugehen ist. Damit wurde auch die Verjährungsfrist in Gang gesetzt, die somit bei Klageeinbringung im August 2011 schon abgelaufen war. Der Kläger hatte aber seit Mai 2008 die Möglichkeit, die weiteren Entwicklungen zu beobachten; es musste ihm aber noch vor Ablauf der Verjährungsfrist schon im Februar 2011 - wegen der neuerlichen Konkurseröffnung - klar sein, dass sich am Eintritt des vom Beklagten verlangten Schadens nichts mehr ändern werde; damals stand noch ausreichend Zeit für die rechtzeitige Erhebung einer Leistungsklage gegen den Beklagten zur Verfügung.

 

Der bereits eingetretene Schaden wurde durch die weiteren Entwicklungen ([angebliche] Ausscheidung der Forderung des Klägers gegen den Bauträger, Aufhebung des Konkurses nach Abschluss eines Zwangsausgleichs und Abschluss eines nicht erfüllten Submissionsvergleichs mit dem Bauträger), die alle ohne jede Beteiligung des nunmehr Beklagten eintraten, nicht beseitigt, weil trotz allem weder der Mängelbehebungs-/Fertigstellungsanspruch noch der Prozesskostenersatzanspruch des Klägers erfüllt wurden.

 

Darin sind auch keine Gründe für die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung gegenüber dem Beklagten zu erkennen; solche wurden vom Kläger auch gar nicht geltend gemacht. Der von der Judikatur des OGH gedeckten Rechtsansicht des Erstgerichts, eine Streitverkündung unterbreche nicht die Verjährung, trat der Kläger gar nicht entgegen, sodass sich weitere Überlegungen dazu erübrigen.