OGH: Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG und Konkretisierungszeitpunkt
Die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Konzern des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung, infolge Anteilsveräußerung aber nicht mehr im (Konkretisierungs-)Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht der Annahme der Betriebsbedingtheit der Kündigung nicht entgegen
§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG
GZ 9 ObA 24/14s, 29.04.2014
OGH: Gem § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, die wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, begründet ist.
Die am ***** 1953 geborene Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass bei der Prüfung der sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen gewesen wäre. Davon ausgehend wäre auch auf die Möglichkeit ihrer Weiterbeschäftigung im Konzern Bedacht zu nehmen gewesen (den es im Zeitpunkt der Beendigung ihres Dienstverhältnisses infolge Anteilsveräußerung nicht mehr gab).
Es entspricht der stRsp, dass bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG auf den Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungszeitpunkt) abzustellen ist. Einen Grund davon abzugehen, zeigt die Revisionswerberin nicht auf. Warum dies nur für die Beurteilung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung, nicht aber für die Betriebsbedingtheit der Kündigung gelten sollte, vermag die Klägerin nicht überzeugend darzulegen. Zum einen ist zu bedenken, dass im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung die Betriebsbedingtheit einer Kündigung und die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Dienstnehmers zueinander in Beziehung zu setzen sind, was bei einem zeitlichen Auseinanderfallen der Beurteilungszeitpunkte nicht in Frage kommt. Zum anderen ist nicht zu übersehen, dass das Dienstverhältnis auch bei betriebsbedingter Beendigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrecht bleibt, sodass die Kündigung erst dann ihre Wirkung entfaltet. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise des Arbeitgebers (hier: des kündigenden Insolvenzverwalters) sind in keiner Weise ersichtlich. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Konkretisierungszeitpunkt auch im vorliegenden Fall das Ende des Dienstverhältnisses ist, ist folglich nicht weiter zu beanstanden.
Im Hinblick auf das Vorbringen zum Eventualbegehren ist auf die bereits vom Berufungsgericht zitierte Rsp zu verweisen, wonach der arbeitsvertragliche Arbeitgeber Adressat des in § 105 Abs 1 und 2 ArbVG normierten Kündigungsschutzes anzusehen ist, sodass die unterbliebene Befassung des Betriebsrats der früheren Enkelgesellschaft der Arbeitgeberin hier nicht zur Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung führen könnte.