20.06.2014 Strafrecht

OGH: Ablehnung eines Sachverständigen

Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen ist nur dann vorgesehen, wenn sich die Mängel des vom Sachverständigen abgegebenen Befundes und Gutachtens nicht durch Befragung des bereits bestellten Sachverständigen beseitigen lassen


Schlagworte: Sachverständiger, Erkundungsbeweis, Ablehnung
Gesetze:

§ 127 Abs 3 StPO

GZ 12 Os 84/13i, 05.09.2013

Der Angeklagte beantragte in der Hauptverhandlung die „Abberufung“ des Sachverständigen, weil dessen Gutachten nicht lege artis erstellt, darin „überhaupt nicht auf die Frage, ob eine ambulante Behandlung (Therapie) eine sinnvolle Besserung des Zustandsbildes herbeiführen könnte“, eingegangen worden und die Expertise (insgesamt) „unrichtig“ sei; zudem fehle dem nicht mehr in der Sachverständigenliste geführten Univ Prof. Dr W „die Eignung als Sachverständiger“, weil über ihn ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Überdies beantragte der Angeklagte die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie.

OGH: Entgegen der Verfahrensrüge wurden durch die Abweisung dieser Anträge Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen gem § 127 Abs 3 StPO ist nämlich nur dann vorgesehen, wenn sich die dort beschriebenen Mängel von Befund und Gutachten durch Befragung des bereits bestellten Sachverständigen nicht beseitigen lassen. Da aber der Angeklagte und sein Verteidiger die Möglichkeit hatten, Univ Prof Dr W in der Hauptverhandlung zur angewandten wissenschaftlichen Methode und insbesondere auch zur - für die Einweisung nach § 21 Abs 2 StGB allerdings nicht relevanten - Thematik, ob in naher Zukunft von der Fortführung der Maßnahme abgesehen werden kann, zu befragen und der Sachverständige dazu auch Stellung nahm, hätte es einer fundierten Darlegung im Antrag bedurft, weshalb die behaupteten Bedenken gegen das Gutachten nicht aufgeklärt wurden. Demgegenüber erschöpft sich das Antragsvorbringen in der Behauptung, das Gutachten sei „unrichtig“, ohne dass überhaupt eine, geschweige denn eine einigermaßen substantiierte Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Experten als solchem erfolgte. Die in Rede stehenden Anträge, die sich solcherart als Versuch einer Überprüfung der Beurteilungen des Sachverständigen ersichtlich in der Hoffnung eines für den Antragsteller günstigeren Ergebnisses und somit als unzulässige Erkundungsbeweisführung darstellen, wurden daher zu Recht abgewiesen.