11.06.2014 Baurecht

VwGH: Die Parteistellung erfordert einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse

Die Mieterin eines Bauernhofes hat in einem ihre Pferdehaltung betreffendem Bauverfahren keine Parteistellung, da sie nicht Eigentümerin ist und im Bauverfahren die Parteistellung nicht aus anderen Rechtsvorschriften abgeleitet werden kann


Schlagworte: Steiermärkisches Baurecht, Mieter, Parteistellung, Pferdehaltung, Tierhaltung, Umweltschutz, Steiermark
Gesetze:

§ 8 AVG, § 6 Abs 1 stmk BauO

GZ 2013/05/0133, 27.09.2013

Die Bf war Mieterin eines aufgelassenen Bauernhofes und hielt einige Pferde und Kleintiere. Der Vermieter wollte die Pferdehaltung mit der Begründung kündigen, dass die Pferdehaltung eine flüssigkeitsdichte Bodenplatte mit Ablauf in eine Senkgrube erfordere. Die Baubehörde führte eine baubehördliche Überprüfung durch und stellte fest, dass Pferde gehalten werden. Die Mieterin beantragte die Feststellung ihrer Parteistellung. Der Fall ereignete sich zum stmk Baurecht.

Die Beschwerde bringt vor, dass die belBeh, obwohl es sich hier um keine reine Bausache handle, die Versagung der Parteistellung nur auf § 6 BauO gestützt habe und der angefochtene Bescheid der Bf das Recht nehme, sich in zwei anderen maßgebenden Verwaltungsbereichen, dem Veterinär- und Umweltrecht, insbesondere dem Wasserrecht, entsprechend einer Partei wehren zu können. Die belBeh habe die Verfahrensvorschriften des Veterinär-(Tierschutz-) und Umweltrechts nicht berücksichtigt, und es komme hinsichtlich dieser Rechtsvorschriften § 8 AVG zur Anwendung, weil die Bf als Pferdehalterin im Bauland-Kerngebiet unmittelbar betroffen und Partei sei.

VwGH: Gem § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass von einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse die Rede sein kann, enthält § 8 AVG keine Regelung. Es kann demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet und auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift beurteilt werden. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift einen konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann.

In einem baupolizeilichen Überprüfungs- und Auftragsverfahren haben nur die in § 6 Abs 1 BauO genannten Personen Parteistellung. Die Bf behauptet in ihrer Beschwerde nicht, dass sie Eigentümerin (oder Bauwerberin) iSd in § 6 Abs 1 Z 1 bis 4 BauO angeführten Tatbestände sei. Einem Bestandnehmer - wie im vorliegenden Fall der Bf -, der nicht auch Eigentümer im vorgenannten Sinn ist, kommt in einem solchen Verfahren keine Parteistellung zu. Der in der Beschwerde behauptete Umstand, dass die Baubehörde das Veterinäramt und das Amt für Umweltschutz um Stellungnahmen ersucht habe und diese Abteilungen einen Bescheid erlassen könnten, ändert nichts daran, dass der angefochtene Bescheid in einem baupolizeilichen Verfahren nach der BauO erlassen wurde und daher für die Frage der Parteistellung § 6 Abs 1 BauO maßgebend ist.