07.06.2014 Zivilrecht

OGH: Zur Frage der Subsidiarität des Entschädigungsanspruchs im Hinblick auf Ansprüche des Anlegers im Insolvenzverfahren des Wertpapierdienstleistungsunternehmens bzw der Frage der Rechtsfolgen eines unzureichenden Deckungsvermögens

Auch für die Anlegerentschädigung nach dem WAG gilt das allgemeine Prioritätsprinzip, wonach diejenigen, die exekutiv zuerst auf ein beschränktes Vermögen greifen, voll befriedigt werden, wohingegen diejenigen, die ihren Anspruch erst später, wenn der Haftungsfonds erschöpft ist, durchsetzen wollen, leer ausgehen


Schlagworte: Wertpapierrecht, Wertpapieraufsichtsgesetz, Entschädigungseinrichtung, Anleger, Insolvenzverfahren, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Haftungsfonds, Subsidiarität des Entschädigungsanspruchs, Anlegerentschädigung, Prioritätsprinzip, Treuhandvermögen
Gesetze:

§ 23b Abs 2 dritter Satz WAG 1996, § 23c Abs 4 WAG 1996, § 93 Abs 2a BWG

GZ 10 Ob 27/13p, 23.07.2013

 

OGH: Nach der hier maßgeblichen Bestimmung des § 23b Abs 2 dritter Satz WAG 1996 hat die Entschädigungseinrichtung zu gewährleisten, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird, Forderungen eines Anlegers aus Wertpapierdienstleistungen gem § 93 Abs 2a BWG bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR oder Gegenwert in fremder Währung pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Der OGH hat mittlerweile in einer Reihe jeweils vergleichbare Fälle betreffender Entscheidungen bekräftigt, dass die Feststellung der Forderung gem § 23b Abs 2 und § 23c Abs 4 WAG 1996 auf einer selbstständigen Prüfung von Höhe und Berechtigung der angemeldeten Anlegerforderung durch die Entschädigungseinrichtung und die Prüftätigkeit der Entschädigungseinrichtung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur das schlichte Verlangen des Anlegers, sondern zusätzlich dessen Legitimierung voraussetzt.

 

Zur Frage der Länge der Prüffrist wurde jüngst vom OGH die europarechtlich gebotene Notwendigkeit der raschen Entschädigung und die deshalb zu verlangende unverzügliche Prüfung der Anmeldungen hervorgehoben.

 

Zum Einfluss der Ansprüche von Anlegern im Konkurs des SICAV-Fonds in Luxemburg wurde bereits in der Entscheidung 2 Ob 171/12d vom 4. 4. 2013 ausgeführt, dass die Entschädigungsforderung des Anlegers nach dem WAG ohne Rücksichtnahme auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, aber auch des SICAV-Fonds zur Zahlung fällig sei.

 

Zu der von der beklagten Partei wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds begehrten kridamäßigen Verteilung des Treuhandvermögens wurde mittlerweile vom OGH ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen, dass dafür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Mangels gesetzlicher Sonderregelung gilt auch für die Zahlungspflichten der beklagten Partei das Prioritätsprinzip, weshalb dem Einwand der beklagten Partei, es habe zu einer kridamäßigen Verteilung wegen Unzulänglichkeit des Haftungsfonds zu kommen, nicht zu folgen ist.