OGH: Wasserrechtliche Haftung des Werkunternehmers
Die bisher unkritisch referierte Rsp, wonach die Pflichten des § 31 WRG den Werkunternehmer nur bis zur Übergabe des Werkes treffen, kann nicht mehr aufrecht erhalten werden
§ 31 WRG
GZ 1 Ob 127/13b, 29.08.2013
Ein Werkunternehmer hat eine Tankanlage nicht ordnungsgemäß errichtet. Wenige Wochen nach Übergabe der Tankanlage flossen 3.561 Liter Diesel aus und verursachten eine erhebliche Verunreinigung von Erdreich und Grundwasser. Der Inhaber der Tankanlage war insolvent. Es stellte sich die Frage, wie weit der Werkunternehmer nach § 31 WRG zur Beseitigung der Verunreinigung verpflichtet ist.
OGH: Nach der Rsp des OGH ist auch der Werkunternehmer, der durch von ihm auf fremdem Grund gesetzte Maßnahmen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung iSd § 31 Abs 1 WRG herbeiführte, gem § 31 Abs 2 WRG verpflichtet, diese Gefahrenlage unverzüglich zu beseitigen. Der Werkunternehmer haftet, wenn bei Ausführung des Werks die Gewässerverunreinigung herbeigeführt wird. Hat aber der Werkunternehmer das Werk bereits erstellt und übergeben, so soll ihm idR die rechtliche Möglichkeit fehlen, Maßnahmen der in § 31 Abs 2 WRG genannten Art zu treffen. Solche Maßnahmen oblägen dann dem über die Liegenschaft Verfügungsberechtigten. Dass der Werkunternehmer nur bis zur Erstellung und Übergabe des Werks Verpflichteter iSd § 31 Abs 2 WRG sei, wird im Großteil des Schrifttums - ohne daran Kritik zu üben – referiert.
Die Rsp, nach der ein Werkunternehmer nur bis zur Erstellung und Übergabe des Werks Verpflichteter iSd § 31 Abs 2 WRG sei und ab diesem Zeitpunkt nur noch der über die Liegenschaft Verfügungsberechtigte Abwehrmaßnahmen setzen könne, hebt hervor, dass der Werkunternehmer ab diesem Zeitpunkt rechtlich keine Möglichkeit mehr habe, Maßnahmen iSd § 31 Abs 2 WRG zu treffen. Dies trifft aber seit Inkrafttreten der WRG Novelle 1990 nicht mehr zu. Nach dem damit neu eingeführten § 31 Abs 5 WRG wird für gem § 31 Abs 3 und 4 WRG aufgetragene Maßnahmen, durch die Rechte Dritter berührt werden, die Anwendung des § 72 WRG normiert. Gem § 72 Abs 1 lit e WRG haben die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist. Somit trifft auch den Liegenschaftseigentümer eine Verpflichtung zur Duldung von gem § 31 Abs 3 WRG angeordneten Maßnahmen.
Damit besteht aber für einen Werkunternehmer, der ein mangelhaftes Werk abliefert, kein rechtliches Hindernis mehr, die von ihm mitverursachte Gewässerverunreinigung zu beseitigen.
Die uneingeschränkte Haftungsfreistellung des Werkunternehmers, der eine Anlage errichtete oder auf fremden Grund eine Maßnahme setzte, ab der Übergabe lässt sich nicht länger aufrecht erhalten. Nun wurde durch die WRG Novelle 1990 zwar nur dem Argument, dem Unternehmer fehle die rechtliche Möglichkeit, Maßnahmen iSd § 31 Abs 2 WRG zu treffen, die Grundlage entzogen. Nach wie vor wird aber dem Werkunternehmer nach Übergabe des Werks idR die Wahrnehmung von potentiell für Gewässer schädlichen Eigenschaften des Werks faktisch nicht mehr möglich sein, weshalb unter diesem Aspekt von ihm eine Abhilfe regelmäßig nicht erwartet werden kann.
Es wurde allerdings (ohne Auseinandersetzung mit der Rsp zum Werkunternehmer) schon ausgesprochen, dass der Begriff des Verpflichteten in den ersten drei Absätzen des § 31 WRG nicht unterschiedlich gesehen werden könne; dieser könne sich nicht durch rechtsgeschäftliche Verfügung, wie zB den Verkauf der betroffenen Liegenschaft, von der die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht, seiner öffentlich rechtlichen Verpflichtung [nach § 31 Abs 3 WRG] entziehen. Dasselbe gilt für einen enteigneten Eigentümer (oder Nutzungsberechtigten) einer Liegenschaft. Insoweit wurde der Frage der faktischen Gefahrenbeherrschung keine Bedeutung zuerkannt.
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen kann die frühere Rsp für Fälle, in denen der Werkunternehmer (zumindest) objektiv diesen Maßstäben zuwiderhandelt, nicht fortgeschrieben werden. Die in § 31 Abs 1 genannten §§ 1297 und 1299 ABGB legen einerseits den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab (dessen Nichteinhaltung Fahrlässigkeit begründet), andererseits den Haftungsmaßstab für Sachverständige wie Gewerbetreibende fest. Ein Werkunternehmer, der insofern objektiv gegen § 31 Abs 1 WRG verstößt, soll sich aber ebenso wenig wie der (idR nicht dem erhöhten Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB verpflichtete) Eigentümer einer Liegenschaft durch ihre Veräußerung seiner Pflichten nach § 31 Abs 2 und 3 WRG durch die Übergabe des die Gefahr einer Gewässerverunreinigung zumindest mitverursachenden Werks an den Besteller entledigen können.