OGH: Vertrauensunwürdigkeit des Dienstnehmers iSd § 34 Abs 2 lit b VBG
Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Dienstnehmers können bei späterer Wiederholung des abgemahnten Verhaltens die alten Vorfälle auch noch nachträglich Berücksichtigung finden
§ 34 VBG
GZ 9 ObA 162/13h, 26.02.2014
OGH: Ob eine die Entlassung rechtfertigende Vertrauensunwürdigkeit des Dienstnehmers iSd § 34 Abs 2 lit b VBG gegeben ist, hängt davon ab, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Belange durch den Vertragsbediensteten gefährdet sind. Maßgebend ist, ob das Verhalten des Vertragsbediensteten das Vertrauen des Dienstgebers so schwer erschüttert hat, dass diesem die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Ob dies der Fall ist, stellt eine Frage des Einzelfalls dar.
Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Klägers können bei späterer Wiederholung des abgemahnten Verhaltens die alten Vorfälle auch noch nachträglich Berücksichtigung finden. Dass es dabei aber nicht zulässig ist, mehrere unterschiedliche, nicht tatbestandsmäßige Entlassungsgründe zu kumulieren und einem Entlassungstatbestand zu unterstellen, wobei die fehlende Tatbestandsmäßigkeit durch die Quantität der Entlassungsgründe ersetzt werden soll, ist richtig. Davon kann aber hier keine Rede sein.
Die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, das Gesamtverhalten des Klägers begründe Vertrauensunwürdigkeit iSd § 34 Abs 2 lit b VBG, ist jedenfalls vertretbar. Die Verhaltensweisen des Klägers, die letztlich den eigentlichen Anlass für die Entlassung bildeten, erreichten auch die von der Rsp geforderte Mindestintensität. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagten sei es angesichts der gesamten Umstände des vorliegenden Einzelfalls unzumutbar gewesen, den Kläger weiter zu beschäftigen, ist nicht korrekturbedürftig. Auch in der Beurteilung, der Kläger habe mit seinem Vorgehen zum Ausdruck gebracht, dass er sich mit seiner gegen die - seiner Meinung nach gesetzwidrige - Vollzugspraxis verschiedener Sozialbehörden des Landes Salzburg gerichteten Kampagne so sehr im Recht gesehen habe, dass er weder Argumenten noch Anweisungen, die seiner Überzeugung zuwidergelaufen seien, zugänglich gewesen sei, kann keine unvertretbare, die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts erblickt werden. Der Kläger ist auch als sozial engagierter Mitarbeiter verpflichtet, den sachlichen Anordnungen seines Dienstgebers Folge zu leisten. Aber auch dies hängt letztlich von den nicht revisiblen Umständen des Einzelfalls ab.