25.04.2014 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: § 176 Abs 1 Z 8 ASVG – Unfall iZm Bewerbungsgespräch

Unter Unfallversicherungsschutz stehen Unfälle auf Wegen zu oder von einem auf Veranlassung des AMS geführten Vorstellungsgespräch, deren Ausgangs- bzw Endpunkt der Wohnort oder die Geschäftsstelle des AMS ist


Schlagworte: Unfallversicherung, Arbeitsunfall, Umwegen / Abwege, Bewerbungsgespräch, auf Veranlassung des Arbeitsmarktservice
Gesetze:

§ 176 ASVG, § 175 ASVG

GZ 10 ObS 10/14i, 25.02.2014

 

OGH: Verrichtungen und Wege, die mit der Arbeitssuche zusammenhängen, sind grundsätzlich dem eigenwirtschaftlichen (nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegenden) Bereich der Arbeitssuche zuzurechnen.

 

Als Ausnahme von diesem Grundsatz stellt § 176 Abs 1 Z 8 ASVG einen Unfall den Arbeitsunfällen gleich, der sich in Fällen ereignet, „in denen Personen auf Veranlassung des Arbeitsmarktservice eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle aufsuchen oder sich einer Eignungsuntersuchung oder Eignungsprüfung unterziehen“. § 175 Abs 2 Z 1 ASVG ist „entsprechend“ anzuwenden (§ 176 Abs 5 ASVG).

 

Wendet man die Rsp zu § 175 Abs 2 Z 1 ASVG „entsprechend“ (§ 176 Abs 5 ASVG) auf die auf Veranlassung des AMS aufgesuchte Arbeitsstelle an, stehen Unfälle auf Wegen zu oder von einem auf Veranlassung des AMS geführten Vorstellungsgespräch unter Unfallversicherungsschutz, deren Ausgangs- bzw Endpunkt der Wohnort oder die Geschäftsstelle des AMS ist.

 

Im vorliegenden Fall befand sich der Kläger zum Unfallszeitpunkt aber nicht auf einem derartigen Weg, sondern auf dem Weg von einer ausschließlich aus eigenwirtschaftlichen (privaten) Motiven aufgesuchten Apotheke zu den Räumlichkeiten der G GmbH. Die Ansicht der Vorinstanzen, ein den Arbeitsunfällen gleichgestellter Unfall iSd § 176 Abs 1 Z 8 ASVG liege (vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten) schon im Hinblick auf diesen Ausgangspunkt nicht vor, weicht von den dargestellten Grundsätzen der Rsp nicht ab. Der in der Revision vertretenen Meinung, es bestehe Versicherungsschutz bereits aus dem Grund, dass sich der Kläger (neuerlich) auf dem Weg zur „Arbeitsstätte“ befunden habe, auch wenn der Ausgangsort nicht seine Wohnung war, ist demgegenüber nicht zu folgen. Dass die Wegstrecke von der Apotheke kürzer ist, als jene von der Wohnung des Klägers (in Bleiburg), ist nicht maßgeblich.

 

Die Anerkennung des gegenständlichen Unfalls als Arbeitsunfall iSd § 175 Abs 1 ASVG würde voraussetzen, dass er sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit einer „die Versicherung begründenden Beschäftigung“ ereignet hätte. Bei seinem Vorbringen, der Versicherungsschutz sei infolge des zu bejahenden Zusammenhangs - wenngleich er unterbrochen gewesen sein mag - jedenfalls für die Wegstrecke von der Apotheke zur Arbeitsstätte „wieder aufgelebt“, übersieht der Revisionswerber, dass ein die Unfallversicherung begründendes Beschäftigungsverhältnis nicht bestand, sodass er sich im Unfallszeitpunkt nicht auf einem mit der Beschäftigung nach § 175 Abs 1 ASVG zusammenhängenden Weg befinden konnte. Ein Versicherungsschutz nach dieser Gesetzesstelle kommt demgemäß nicht in Betracht.

 

Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung wird auch nicht mit dem Vorbringen aufgezeigt, selbst wenn man die Fahrt von der Apotheke zur G GmbH nicht mehr iZm dem vom AMS veranlassten Vorstellungsgespräch sehen wollte, bestehe Versicherungsschutz aufgrund der Tatsache, dass es sich dann um eine Arbeitssuche „aus Eigeninitiative“ gehandelt habe. Nach der jüngeren Rsp zu § 176 Abs 1 Z 8 ASVG kommt es für das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes nämlich darauf an, ob der Arbeitslose vom AMS unter Sanktionsdrohung zum Aufsuchen einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle angehalten und damit „hiezu veranlasst“ wurde. Ausgehend vom Revisionsvorbringen wäre diese Voraussetzung gerade nicht erfüllt.