25.04.2014 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob die Weitergabe von ehrenbeleidigenden und kreditschädigenden Äußerungen an Medienmitarbeiter „nicht öffentlich“ iSd § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB sein kann

Die Vertraulichkeit ist dann nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden musste und die Weitergabe auch tatsächlich erfolgt; die bloß abstrakte Gefahr, dass die Mitteilung in falsche Hände geraten könnte, reicht hingegen nicht aus; diese Grundsätze gelten auch bei Beteiligung eines Journalisten (dem hier die vertrauliche Mitteilung noch dazu nicht in seiner Funktion als Journalist gemacht wurde)


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung, nicht öffentlich, Medienmitarbeiter
Gesetze:

§ 1330 ABGB

GZ 6 Ob 42/14s, 13.03.2014

 

OGH: Auch eine Ehrenbeleidigung nach § 1330 Abs 1 ABGB setzt wie die Rufschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB die Verbreitung der Äußerung, also die Mitteilung an zumindest eine vom Täter und Verletzten verschiedene Person, voraus. § 1330 Abs 2 ABGB normiert für den Bereich unwahrer Tatsachenbehauptungen eine Ausnahme für nichtöffentlich vorgebrachte Meinungen, also für die vertrauliche Weitergabe der rufschädigenden Behauptungen an einen Dritten, bei dem keine Gefahr der Weiterverbreitung besteht. Entscheidend ist, ob der Mitteilende mit der vertraulichen Behandlung durch den oder die Mitteilungsempfänger rechnen konnte. Dem steht nicht entgegen, dass die Mitteilung mehreren Personen zugänglich wird.

 

Die Vertraulichkeit ist dann nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden musste und die Weitergabe auch tatsächlich erfolgt. Die bloß abstrakte Gefahr, dass die Mitteilung in falsche Hände geraten könnte, reicht hingegen nicht aus.

 

Der OGH hat im Interesse eines Gleichklangs der beiden Absätze des § 1330 ABGB diese Rsp auch auf „reine“ Ehrenbeleidigungen angewendet.

 

Damit haben aber die Vorinstanzen die Mitteilung des Beklagten zu Recht als nichtöffentlich iSd § 1330 Abs 2 ABGB beurteilt, weil eine tatsächliche Weitergabe an außenstehende Personen durch den „Vertrauensmann“ nicht erfolgt ist. Dass diese Grundsätze auch bei Beteiligung eines Journalisten, dem noch dazu die vertrauliche Mitteilung nicht in seiner Funktion als Journalist gemacht wurde, gelten, ergibt sich aus der dieselben klagenden Parteien betreffenden Entscheidung 6 Ob 112/12g.

 

Ob ein berechtigtes Interesse des Mitteilenden oder des Erklärungsempfängers iSd § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Berechtigt ist das Interesse an der vertraulichen Mitteilung nach der stRsp, wenn diese für die persönlichen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen oder Verhältnisse von Bedeutung ist oder ein öffentliches Interesse an der Mitteilung besteht. Dabei genügt, dass der Empfänger bei Unterstellung der Wahrheit der Mitteilungen ein berechtigtes Interesse daran hat. Reichen aber wirtschaftliche Beziehungen oder Verhältnisse für die Begründung eines berechtigten Interesses iSd § 1330 Abs 2 ABGB aus, so muss dies auch dann gelten, wenn der Mitteilende durch die Mitteilung eine Vertragspflicht erfüllt.

 

Der dritte Satz des § 1330 Abs 2 ABGB enthält keine abschließende Regelung der Rechtfertigungsgründe. Im Allgemeinen wird von der Rsp eine grundsätzlich anzunehmende Rechtfertigung einer ehrenbeleidigenden oder kreditschädigenden Äußerung dann verneint, wenn diese wissentlich falsch ist. Das bloße „Wissenmüssen“ reicht für den Ausschluss eines Rechtfertigungsgrundes nicht aus, zumal das Gesetz ausdrücklich vom „Kennen“ der Unwahrheit spricht.