12.04.2014 Zivilrecht

OGH: Erhaltungsanspruch nach § 3 MRG – Rechtsmissbrauch, wenn der Mieter vom Vermieter Ersatz für seinen von ihm selbst verschuldeten Aufwand verlangen könnte

Trifft den Mieter ein Verschulden am zugrunde liegenden Mangel, so bestünde bei Erfüllung des Aufwandersatzanspruchs ein deckungsgleicher, auf § 1111 ABGB gegründeter Rückforderungsanspruch des Vermieters; denn sein vom Mieter verursachter Schaden läge exakt in jenen Aufwendungen, die er dem Mieter nach § 1097 ABGB iVm § 3 MRG ersetzen müsste; in einer solchen Situation wäre das Erheben des Aufwandersatzanspruchs rechtsmissbräuchlich


Schlagworte: Mietrecht, Erhaltungsanspruch, Mangel, Aufwand, Ersatz, Verschulden, Rechtsmissbrauch
Gesetze:

§ 3 MRG, § 1097 ABGB, § 1111 ABGB, § 1295 Abs 2 ABGB

GZ 4 Ob 199/13p, 17.02.2014

 

OGH: Die Erhaltungspflicht nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG könnte im Außerstreitverfahren zwar grundsätzlich auch dann durchgesetzt werden, wenn den Mieter ein Verschulden am zugrundeliegenden Mangel trifft; das muss mangels Unterscheidung im Gesetz auch für den mit der Wohnrechtsnovelle 2006 eingefügten zweiten Fall dieser Bestimmung (Gesundheitsgefährdung) gelten. In einem solchen Fall wäre der Interessenausgleich aber im Weg des Schadenersatzes herbeizuführen. Ein Mieter, der einen die Erhaltungspflicht auslösenden Mangel der Bestandsache verschuldet hat, haftet dem Vermieter daher nach § 1111 ABGB für den dadurch verursachten Schaden. Dabei hat er § 1313a ABGB auch für das Verschulden von ihm beauftragter Bauunternehmen einzustehen.

 

Macht der Mieter Aufwendungen, die dem Vermieter oblegen wären, so hat er grundsätzlich einen Ersatzanspruch nach § 1097 ABGB. Fallen die Aufwendungen unter die Erhaltungspflicht des § 3 MRG, ist dieser Anspruch nicht abdingbar. Darauf könnte sich der klagende Mieter hier stützen. Trifft den Mieter aber ein Verschulden am zugrunde liegenden Mangel, so bestünde bei Erfüllung des Aufwandersatzanspruchs ein deckungsgleicher, auf § 1111 ABGB gegründeter Rückforderungsanspruch des Vermieters. Denn sein vom Mieter verursachter Schaden läge exakt in jenen Aufwendungen, die er dem Mieter nach § 1097 ABGB iVm § 3 MRG ersetzen müsste.

 

In einer solchen Situation wäre das Erheben des Aufwandersatzanspruchs tatsächlich rechtsmissbräuchlich. Denn Rechtsmissbrauch liegt schon dann vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht. Diese Abwägung geht im konkreten Fall eindeutig zu Lasten des Klägers: Es ist nicht erkennbar, welches legitime Interesse er am Erheben des Aufwandersatzanspruchs haben könnte, wenn er einen allenfalls erhaltenen Betrag umgehend zurückgeben müsste, weil (spätestens) die Zahlung durch den Beklagten einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch begründete. Anders formuliert: Arglistig handelt, wer fordert, was er zurückgeben muss.

 

Zum Mietzinsminderungsanspruch verweist die Revision nur auf die Gefährlichkeit der elektrischen Anlagen, nimmt aber nicht zum Argument des Berufungsgerichts Stellung, dass diese Gefährlichkeit ausschließlich auf dem Verschulden des vom Kläger beigezogenen Handwerkers beruhe, das ihm nach § 1313a ABGB zuzurechnen sei und daher nach § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB eine Mietzinsminderung ausschließe. Damit zeigt die Revision auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage auf.