26.03.2014 Baurecht

VwGH: Abweichung von den Bauvorschriften (Wr BauO)

Eine Überschreitung der maximalen Gebäudehöhe um rund 12% ist eine wesentliche Abweichung; sie kann daher nicht als unwesentliche Abweichung genehmigt werden


Schlagworte: Wr BauO, Abweichung von den Bebauungsvorschriften, wesentliche Abweichung, unwesentliche Abweichung, Gebäudehöhe
Gesetze:

§ 69 Wr BauO, § 75 Wr BauO

GZ 2010/05/0207, 10.12.2013

In einem Bewilligungsverfahren nach der Wiener BauO wurde zunächst eine Genehmigung für eine Überschreitung der maximalen Gebäudehöhe als unwesentliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften erteilt. Dem VwGH zu Folge lag jedoch eine wesentliche Abweichung vor, sodass eine solche Genehmigung nicht erteilt werden konnte.

VwGH: Gem § 69 Abs 2 Wr BO darf von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden. Die Wr BauO selbst enthält keine Ausführungen zum Begriff der unwesentlichen Abweichungen. Nach der stRsp des VwGH kann Wesentlichkeit einer Abweichung nur dann zu Recht behauptet werden, wenn dieser "eine dem geltenden Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz" innewohnt. Entscheidend dabei ist, in welchem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erfolgen.

Die einem Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan innewohnende Tendenz kann selbst dann unterlaufen werden, wenn das darin "beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung mit der beabsichtigten Abweichung nicht grundlegend anders werden" sollte, weil das Fehlen dieser Tatbestandselemente jedenfalls Voraussetzung für die Bewilligung der beantragten Abweichungen von den Bebauungsvorschriften ist.

Ein Abgehen von einer im Bebauungsplan vorgesehenen größtmöglichen Gebäudehöhe von 7,50 m um durchschnittlich 91 cm, was immerhin 12,13% entspricht, auf einer Frontlänge von 38,10 m (bei einer Gesamtfrontlänge von 60,80 m), somit über 62,66% der Länge und insofern nicht nur in einem kleinen Bereich der Frontlänge, muss als eine wesentliche Abweichung von den Bestimmungen dieses Bebauungsplanes beurteilt werden. Immerhin nähert sich die errechnete Gebäudehöhe entgegen der ausdrücklichen Anordnung des Bebauungsplanes der bauklassenmäßig höchstzulässigen Gebäudehöhe von 9 m an. Damit bleibt die in Abweichung der gesetzlichen Regelung zulässig getroffene Anordnung des Bebauungsplanes betreffend die höchstzulässige Gebäudehöhe nahezu zur Gänze unbeachtet.

Eine solche den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz kann auch nicht dadurch ausgeglichen werden, dass die Gebäudehöhenüberschreitung aus Abgrabungen am Baugrundstück resultiert und das Gebäude - ausgehend vom derzeit bestehenden Gelände - nicht überhöht in Erscheinung tritt, sondern die höchstzulässige Gebäudehöhe von 7,50 m einhält, bemisst sich doch die Gebäudehöhe ausschließlich nach dem anschließenden Gelände, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein wird, nicht aber nach dem derzeit bestehenden Gelände, sodass eine darauf aufbauende Beurteilung nicht zulässig ist.