24.03.2014 Wirtschaftsrecht

OGH: Der EuGH hat bereits klargestellt, dass Art 6 (1) (b) MarkenRL - und damit Art 12 lit b GMV - Dritten das Recht einräumt, eine beschreibende Marke beschreibend zu benutzen, sofern die Benutzung den anerkannten Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht

Die Benutzung der Marke entspricht insbesondere dann nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel, wenn sie in einer Weise erfolgt, die glauben machen kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber besteht; sie den Wert der Marke dadurch beeinträchtigt, dass sie deren Unterscheidungskraft oder deren Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt; durch sie diese Marke herabgesetzt oder schlechtgemacht wird; oder der Dritte seine Ware als Imitation oder Nachahmung der Ware mit der Marke darstellt, deren Inhaber er nicht ist


Schlagworte: Markenrecht, Gemeinschaftsmarken, Benutzung, beschreibend, anerkannte Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel
Gesetze:

Art 12 GMV, Art 6 MarkenRL

GZ 4 Ob 126/13b, 20.01.2014

 

OGH: Bereits in der Entscheidung C-108/97 (Chiemsee) hat der EuGH klargestellt, dass Art 6 (1) (b) MarkenRL - und damit Art 12 lit b GMV - Dritten das Recht einräumt, eine beschreibende Marke beschreibend zu benutzen, sofern die Benutzung den anerkannten Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht. Mit der Entscheidung C-100/02 - Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co / Prutsch GmbH hat der EuGH betont, dass die genannte Bestimmung nicht nach den verschiedenen möglichen Verwendungen der in ihr genannten Angaben unterscheide. Um in den Anwendungsbereich von Art 12 lit b GMV zu fallen, genüge es vielmehr, dass sich eine solche Angabe auf eines der dort aufgeführten Merkmale beziehe. Auch hat der EuGH klargestellt, dass die Freistellung der lauteren Benutzung von beschreibenden wie von geographischen Herkunftsangaben (auch als Marke) durch Art 12 lit b GMV keine Rückwirkung auf das absolute Eintragungshindernis solcher Angaben gem Art 7 Abs 1 lit c GMV habe.

 

Die Frage der Zulässigkeit der Berufung auf die Schutzschranke nach Art 12 lit b GMV - unabhängig vom aufrechten Bestand der Gemeinschaftsmarke - ist daher durch die Rsp des EuGH hinreichend geklärt. Dies ergibt sich im Übrigen schon aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung des Art 12 lit b GMV. Liegen daher die Voraussetzungen der Schutzschranke des Art 12 lit b GMV vor, so fehlt es an einer aufzugreifenden Verletzung der Gemeinschaftsmarke.

 

Die Benutzung der Marke entspricht insbesondere dann nicht den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel, wenn sie in einer Weise erfolgt, die glauben machen kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Markeninhaber besteht; sie den Wert der Marke dadurch beeinträchtigt, dass sie deren Unterscheidungskraft oder deren Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt; durch sie diese Marke herabgesetzt oder schlechtgemacht wird; oder der Dritte seine Ware als Imitation oder Nachahmung der Ware mit der Marke darstellt, deren Inhaber er nicht ist. Bei Prüfung der Frage, ob die Beklagte die gegenständliche Wortfolge als bloße Bestimmungsangabe verwendet, ist die Kennzeichnungskraft der Gemeinschaftsmarke der Klägerin zu berücksichtigen. Je geringer diese ist, umso eher werden die angesprochenen Verkehrskreise damit identische oder verwechselbar ähnliche Zeichen als Bestimmungsangabe auffassen.

 

Im vorliegenden Fall kommt der Klagsmarke zweifellos nur eine sehr geringe Kennzeichnungskraft zu. Die Wortfolge „Ski-in Ski-out“ oder ähnlich wird in der Skiregion, in der die Streitteile beheimatet sind, verbreitet für die Bezeichnung der direkten Anbindung des jeweiligen Hotel- oder Gastronomiebetriebs an Pisten bzw Liften verwendet. Das Rekursgericht ist daher vertretbar davon ausgegangen, dass die Beklagte die Wortfolge „Ski-in & Ski out“ als ihre Dienstleistung beschreibende Angabe gebraucht. Diese - nicht markenmäßige - Verwendung entspricht nach dem festgestellten Sachverhalt den „anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel“ iSv Art 12 lit b GMV.