OGH: Zum Unterhaltsvorschuss bei (bloßer) Übertragung der Obsorge
Die Gewährung eines Betreuungsbeitrages gem § 18 Oö JWG an Pflege- und Adoptiveltern führt anders als ein „Maßnahme der vollen Erziehung“ nicht zur vollen Versorgung des Kindes aus öffentlichen Mitteln, weshalb Anspruch auf Unterhaltsvorschuss besteht
§ 2 UVG, § 18 Oö JWG, § 27 Oö JWG
GZ 10 Ob 54/12g, 29.01.2013
OGH: Gem § 2 Abs 2 Z 2 UVG besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse, wenn das Kind aufgrund einer Maßnahme der Sozialhilfe oder der vollen Erziehung nach dem öffentlichen Jugendwohlfahrtsrecht in einer Pflegefamilie, in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung untergebracht ist. Voraussetzung für die Möglichkeit der Versagung von Unterhaltsvorschüssen ist somit, dass eine Fremdunterbringung vorliegt und diese Unterbringung aufgrund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrtpflege oder der Sozialhilfe erfolgt. Erforderlich ist also eine entsprechende (hoheitliche) Anordnung mit Kostenfolge für den Jugendwohlfahrts- oder Sozialhilfeträger.
Allein der Umstand, dass Sozialhilfeleistungen erbracht werden, genügt somit nicht. Vielmehr muss die Unterbringung selbst aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe angeordnet werden. Für die Unterbringung „auf Grund einer Maßnahme“ der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe ist die bloße Übertragung der Obsorge nicht ausreichend, sofern nicht auch die Pflege und Erziehung eines Kindes in einer Pflegefamilie ausdrücklich als „Maßnahme der vollen Erziehung“ statuiert und erfasst wird.
Nach § 18 Abs 2 Oö JWG gebührt Personen, die einen Minderjährigen pflegen und erziehen, ohne dass eine volle Erziehung oder ein Pflegeverhältnis zu Grunde liegt, das aufgrund des Erziehungsrechts des Jugendwohlfahrtsträgers begründet wurde, und denen vom Gericht die Obsorge, zumindest aber die Pflege und Erziehung zur Gänze übertragen wurde, zur Erleichterung der mit der Pflege und Erziehung verbundenen Aufwendungen ein Betreuungsbeitrag in Höhe von 75 % der Leistungen gem § 27 Abs 1 Öo JWG (Pflegegeld und Bekleidungshilfe). Die Gewährung dieses Betreuungsbeitrags führt jedoch nicht zur vollen Versorgung des Kindes aus öffentlichen Mitteln.
Dient der Betreuungsbeitrag demnach nur zur teilweisen finanziellen Entlastung des mit der Obsorge Betrauten, ist nicht in gleicher Weise wie bei einer Maßnahme der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrt für die Bedürfnisse des Kindes (umfassend) gesorgt. Mangels Vollversorgung des Kindes ist eine Doppelalimentation durch parallele Gewährung von Leistungen nach dem Oö JWG und von Unterhaltsvorschüssen zu verneinen.