01.03.2014 Verfahrensrecht

OGH: Zur internationalen Rechtsanhängigkeit von Unterhaltsverfahren

Für eine Identität der Streitgegenstände ist Parteienidentität nicht erforderlich; im Rahmen des Art 12 EuUVO hat das Zweitgericht die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts nicht nachzuprüfen


Schlagworte: Unterhalt, internationale Rechtsanhängigkeit
Gesetze:

Art 12 EuUVO, Art 13 EuUVO, Art 27 EuGVVO, Art 28 EuGVVO

GZ 6 Ob 240/12f, 06.06.2013

 

OGH: Die Vorgangsweise bei in verschiedenen Mitgliedstaaten „wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien“ anhängigen Verfahren (internationale Rechtshängigkeit) regelt Art 12 EuUVO, der Art 27 EuGVVO entspricht. Art 13 EuUVO enthält die (mit Art 28 EuGVVO übereinstimmende) Regelung der Aussetzung des Verfahrens wegen Sachzusammenhangs. Diese Bestimmung bildet einen Auffangtatbestand für jene Fälle, in denen die strengeren Voraussetzungen des Art 12 EuUVO nicht erfüllt sind, weil die erforderliche Partei- oder Anspruchsidentität nicht vorliegt, bei unkoordinierter Entscheidung der Gerichte aber dennoch rechtlich unvereinbare oder inhaltlich widersprüchliche Entscheidungen drohen. Art 12 und 13 EuUVO verfolgen demnach den Zweck, einander widersprechende Entscheidungen in verschiedenen Mitgliedstaaten zu vermeiden.

Identität des Anspruchs wird dann angenommen, wenn „Grundlage“ und „Gegenstand“ des Verfahrens übereinstimmen. Derselbe Gegenstand liegt nicht in der Identität der Klage sondern im gemeinsamen Zweck der Klagen oder Anträge. Es ist entscheidend, ob es im Kernpunkt beider Rechtsstreitigkeiten um dieselbe Frage geht, sodass nach der Logik nur eine einheitliche Entscheidung für beide Parteien möglich ist. Die Grundlage des Anspruchs umfasst den Sachverhalt und die Rechtsvorschriften, auf die die Klage gestützt wird. Die Frage der Parteienidentität ist insoweit nicht erheblich.

Im Rahmen des Art 12 EuUVO hat das Zweitgericht die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts nicht nachzuprüfen. Ist ein Verfahren (zumindest) in der 2. Instanz anhängig, so ist eine Erklärung der Unzuständigkeit nach Art 13 Abs 2 EuUVO nicht mehr zulässig.