22.02.2014 Zivilrecht

OGH: Zur Frage der Wirksamkeit eines unentgeltlichen Pflichtteilsverzichts im Namen ungeborener Nachkommen

Eine solche Verzichtsleistung wirkt, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen; eine teleologische Reduktion auf das Erbrecht der Nachkommen unter Aufrechterhaltung des Pflichtteilsrechts findet nicht statt


Schlagworte: Erbrecht, Pflichtteilsverzicht, ungeborene Nachkommen, Verzichtsvertrag, Erbverzicht
Gesetze:

§ 551 ABGB

GZ 7 Ob 212/13x, 11.12.2013

 

OGH: Gem § 551 ABGB ist, wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, auch befugt, durch Vertrag mit dem Erblasser im Voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsakts oder Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Der Erbverzicht folgt grundsätzlich den Regeln über lebzeitige Verträge. Der Erbverzicht ohne Abfindung ist ein unentgeltlicher Vertrag, jener gegen Abfindung ein entgeltlicher Vertrag mit glücksvertraglichen Elementen, bei denen der Verzichtende das Risiko einer allfälligen Vermögensvermehrung, der Erblasser jenes seiner Vermögensverminderung in Kauf nimmt. Eine solche Verzichtsleistung wirkt, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen. Diese Gesetzesstelle gilt entsprechend für den Verzicht auf das Pflichtteilsrecht.

 

Die Rechtsmittelwerber argumentieren hier iW damit, dass ein unentgeltlicher Pflichtteilsverzicht im Namen ungeborener Nachkommen unwirksam sei, weil in diesem Fall eine Einschränkung der Auslegung des § 551 Satz 3 ABGB dahin geboten sei, dass der Erbverzicht nicht den Pflichtteil der Nachkommen berühren dürfe.

 

Die Frage der Auslegung der Zweifelsregel des § 551 Satz 3 ABGB stellt sich aber im Hinblick auf den hier vorliegenden ausdrücklichen Verzicht des Vaters (Anm: der Rekurswerber) im Verzichtsvertrag gar nicht. Im Übrigen wurde auch bereits eine teleologische Reduktion auf das Erbrecht der Nachkommen unter Aufrechterhaltung des Pflichtteilsrechts abgelehnt (5 Ob 512/90).