OGH: Provisionsforderungen gem § 10 AngG als Insolvenz- oder Masseforderungen?
Bedingt entstanden ist eine Forderung, wenn ihr Rechtsgrund vorhanden oder der rechtserzeugende Tatbestand zum Teil gegeben ist; für noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens akquirierte Verkaufsaufträge ist der Provisionsanspruch bereits bedingt entstanden
§ 10 AngG, § 16 IO, § 46 IO, § 51 IO
GZ 9 ObA 126/13i, 19.12.2013
OGH: Nach § 10 Abs 3 AngG gilt mangels Vereinbarung bei Verkaufsgeschäften der Anspruch des Angestellten auf Provision als erworben, wenn eine Zahlung eingeht, und zwar nur nach dem Verhältnis des eingegangenen Betrags. Die Abrechnung über die zu zahlenden Provisionen hat gem § 10 Abs 4 AngG mangels Vereinbarung mit Ende jedes Kalenderviertels zu erfolgen. Bei Verkaufsgeschäften steht dem Angestellten daher der Anspruch auf Provision nicht schon mit der Vermittlung oder dem Abschluss des Geschäfts zu. Voraussetzung für den Provisionsanspruch ist vielmehr, dass das vermittelte oder abgeschlossene Geschäft vom Dritten, dem Geschäftspartner des Arbeitgebers, auch erfüllt wird, von ihm also eine Zahlung eingeht. Erst in diesem Zeitpunkt entsteht der Anspruch, und zwar in der Höhe, die dieser Zahlung entspricht.
Als bedingt entstanden ist eine Forderung iSd § 16 IO schon dann anzusehen, wenn ihr Rechtsgrund vorhanden oder der rechtserzeugende Tatbestand zum Teil gegeben ist. Als aufschiebend bedingte Forderungen iSd IO sind nicht nur solche anzusehen, die zufolge rechtsgeschäftlicher Bestimmung von einem Ereignis abhängen; dazu gehören vielmehr auch gesetzlich bedingte Ansprüche.
Da der rechtserzeugende Tatbestand des Provisionsanspruchs für die noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens akquirierten Verkaufsaufträge zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits zum Teil gegeben war, ist die Provisionsforderung als zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bedingt entstanden anzusehen. Die Zahlung der Kunden bewirkt (nur) den Bedingungseintritt.
Von der Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 3 IO, wonach Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseforderungen sind, sollen hingegen nur jene Ansprüche des Dienstnehmers erfasst sein, die für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft für diesen Zeitraum gebühren.