14.02.2014 Zivilrecht

OGH: Zur nachvertraglichen Sorgfaltspflicht iZm Außenbereich des Geschäfts / der Ordination

Den Beklagten trifft eine nachvertragliche Sorgfaltspflicht - soweit ihm drohende Gefahren bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar waren -, für ein gefahrloses Verlassen des Hauses, in dem sich seine Ordination (Geschäft, Gastwirtschaft) befindet, zu sorgen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, nachvertragliche Sorgfaltspflicht, drohende Gefahren, Zumutbarkeit, Außenbereich des Geschäfts / der Ordination, Stiegenhaus, Verkehrssicherungspflicht
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

GZ 7 Ob 250/10f, 16.06.2011

 

OGH: In seiner Entscheidung 6 Ob 584/88 hat der OGH bereits die Verletzung der aus dem Behandlungsvertrag resultierenden Schutz- und Sorgfaltspflichten eines Dentisten (keine Sorge für die gefahrlose Benützung des Zu- und Abgangs zur und von der Ordination über eine Außenstiege) gegenüber dem Begleiter des Patienten bejaht. Dies gilt umso mehr auch für die Klägerin als Patientin und Partei des mit dem Beklagten unstrittig zustande gekommenen Behandlungsvertrags.

 

Dass den Beklagten eine nachvertragliche Sorgfaltspflicht gegenüber seinen Patienten trifft, für ein gefahrloses Verlassen des Hauses, in dem sich seine Ordination befindet, sorgen zu müssen, entspricht auch der Rsp des OGH, dass etwa ein Geschäftsinhaber oder ein Gastwirt bei Anbahnung eines geschäftlichen Kontakts gegenüber seinen potenziellen Kunden nicht nur allgemeine Verkehrssicherungspflichten, sondern auch schon vorvertragliche Schutz- und Verkehrssicherungspflichten hat; sie haben gegenüber einer Person, die das Geschäft in Kaufabsicht (oder zu Informationszwecken) betritt, nicht nur für die Sicherheit des Geschäftslokals zu sorgen, sondern auch den sicheren Zugang zum Geschäftslokal zu gewährleisten, sodass sich die Sorgfaltspflicht räumlich auch auf den Außenbereich erstrecken kann. Da vertragliche Verpflichtungen nicht mit der Vertragserfüllung enden, sind (entsprechend den vorvertraglichen) auch nachvertragliche Pflichten zu bejahen, sich im Hinblick auf die Rechtsgüter des Vertragspartners sorgfältig zu verhalten.

 

Demnach hatte der Beklagte die seine Ordination verlassende Klägerin im Rahmen seiner nachvertraglichen Sorgfaltspflicht vor im Stiegenhaus drohenden Gefahren zu schützen, soweit ihm diese bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar waren.

 

Ein Verkehrssicherungspflichtiger kann sich bei Schadenersatzansprüchen aus der Verletzung von (nach-)vertraglichen Schutzpflichten nicht mit dem Hinweis auf seine fehlende rechtliche Verfügungsmöglichkeit über die betroffene Verkehrsfläche (hier: Stiegenhaus als allgemeiner Teil gem § 2 Abs 4 WEG 2002) befreien; seine Schutzpflichten werden auch nicht dadurch obsolet, dass andere Personen eine gesetzliche Pflicht gleichen Inhalts trifft.