12.02.2014 Verfahrensrecht

VwGH: Vorschreibung der Kosten gem § 4 VVG – behaupteter anderer Sachverhalt und Schonungsprinzip

Die belBeh hat sich mit dem Berufungsvorbringen, soweit es auf die Vorschreibung der Kosten Bezug nimmt, auseinanderzusetzen und allenfalls notwendige Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 2 VVG) wäre verletzt, wenn ein höherer Kostenvorschuss verlangt würde, als zur Bestreitung der Kosten der Ersatzvornahme erforderlich wäre


Schlagworte: Vollstreckungsrecht, Ersatzvornahme, Vorauszahlung, anderer Sachverhalt, Schonungsprinzip
Gesetze:

§ 4 VVG, § 2 VVG

GZ 2013/07/0093, 28.11.2013

 

Die Bf erklärt unter Hinweis auf das Schreiben des Amtssachverständigen vom 29. Februar 2012, dass die Leistung unmöglich sei. Diesem Schreiben sei zu entnehmen, dass der Sachverständige auf den im Lageplan der A GmbH eingezeichneten Bereichen A, B und C und somit den verfahrensgegenständlichen Flächen keine haufenförmigen Ablagerungen mehr vorgefunden habe und lediglich vermute, dass diese Ablagerungen sich nunmehr hinter der niederen Mauer befänden, gleichzeitig aber festgestellt habe, dass es sich um drei Haufen eher feiner Kunststoffschnitzel handle, während die auf den Flächen A, B und C in früheren Begehungen festgestellten Ablagerungen grobe Kunststoffschnitzel gewesen seien.

 

Die belBeh habe diesem Gutachten einen anderen Inhalt beigemessen, als in diesem tatsächlich enthalten sei. Der Sachverständige habe nicht dargestellt, dass die Menge der verschobenen Materialien deutlich geringer sei als die Menge der verbliebenen, sondern vielmehr ermittelt, dass die noch vorhandene Menge bei weitem nicht das angegebene Volumen (1.500 m3 + 1.000 m3) und darüber hinaus eine andere Konsistenz aufweise. Es könne nicht einmal festgestellt werden, ob die zu entsorgenden Materialien noch vorhanden seien und welche Mengen nun zu entsorgen seien.

 

VwGH: Nun stellt der Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten selbst keine Vollstreckungsverfügung dar, bei diesem Auftrag handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens. Die belBeh hatte sich daher mit dem Berufungsvorbringen, soweit es auf die Vorschreibung der Kosten Bezug nimmt, auseinanderzusetzen und allenfalls notwendige Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen.

 

Durch die Auferlegung einer unangemessen hohen Vorauszahlung von Ersatzvornahmekosten könnte das aus § 2 VVG ableitbare Schonungsprinzip verletzt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre verletzt, wenn ein höherer Kostenvorschuss verlangt würde, als zur Bestreitung der Kosten der Ersatzvornahme erforderlich wäre. Allerdings muss der Verpflichtete die konkreten Umstände angeben, die seiner Meinung nach geeignet sind, die Unrichtigkeit der Annahme über die Höhe der voraussichtlichen Kosten darzutun.

 

Solche Umstände hat die bf Partei genannt bzw kamen der belBeh von Amts wegen zur Kenntnis. Der bf Partei ist zwar nicht darin beizupflichten, dass die Identität der vom Sachverständigen bei seiner Begehung am 23. Februar 2012 aufgefundenen Mengen mit den laut Titelbescheid zu beseitigenden Abfällen nicht besteht, da der Amtssachverständige (bestätigt vom Geschäftsführer der S GmbH und gründend auf der Stellungnahme der A GmbH) auch die feinen Kunststoffschnitzel den ursprünglichen Abfällen zugeordnet hat. So ging er bei dem Haufen nördlich der Mauer davon aus, dass es sich - der Bezeichnung des Planes der A GmbH folgend - um die dort mit C bezeichneten, umgelagerten Abfälle aus dem ursprünglichen Bereich A handle.

 

Jedoch wird aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 29. Februar 2012 deutlich, dass die noch aufgefundene Menge der zu entsorgenden Abfälle in einem nicht bestimmten, aber jedenfalls deutlichen Ausmaß geringer ist als die ursprünglich laut Titelbescheid zu entsorgende Menge ("… weisen bei Weitem nicht das angegebene Volumen auf …."). Die Menge des noch zu entsorgenden Abfalls wirkt sich aber unmittelbar auf die Höhe der vorzuschreibenden Kosten der Ersatzvornahme aus. Es wäre daher Aufgabe der belBeh gewesen, die Menge der noch vorhandenen Abfälle, deren Beseitigung mit dem Titelbescheid aufgetragen worden war, zu ermitteln und - auf diese Angaben gestützt - den vorzuschreibenden Betrag neu zu berechnen. Die vorliegende Berechnung, die sich auf eine nur geringfügige Verringerung der zu entsorgenden Menge bezieht und die die Aussage des Amtssachverständigen, wonach die aufgefundene Menge weit unter jener liege, die laut Titelbescheid zu beseitigen wäre, außer Betracht lässt, erweist sich somit als unvollständig. Es ist nicht auszuschließen, dass die belBeh bei vollständiger Ermittlung des Sachverhaltes geringere Kosten für die Ersatzvornahme vorgeschrieben hätte, sodass sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig erweist.