07.02.2014 Zivilrecht

OGH: Arzthaftung und Beweislast

Steht ein ärztlicher Behandlungsfehler fest und ist es unzweifelhaft, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, hat der Belangte (Arzt oder Krankenanstaltenträger) zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ nicht kausal für den Schaden des Patienten war


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Arzthaftung, Beweislast, Verjährung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1489 ABGB

GZ 6 Ob 212/13i, 16.12.2013

 

OGH: Aus dem mehrmaligen Verweis der Revisionswerberin auf die Zulässigkeit des Anscheinsbeweises ist für sie nichts gewonnen:

 

Von dem Grundsatz, dass die Beweislastumkehr das Verschulden betrifft, der Beweis der Kausalität jedoch weiterhin dem Gläubiger obliegt, ist der OGH bei ärztlichen Behandlungsfehlern abgegangen, weil hier wegen der in diesen Fällen besonders vorhandenen Beweisschwierigkeiten des Patienten, die Kausalität nachzuweisen, nur dem zur Haftung herangezogenen Arzt die Mittel und Sachkunde zum Nachweis zur Verfügung stehen. Steht ein ärztlicher Behandlungsfehler fest und ist es unzweifelhaft, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, hat der Belangte (Arzt oder Krankenanstaltenträger) zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ nicht kausal für den Schaden des Patienten war.

 

Demnach verbleibt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass überhaupt ein Behandlungsfehler begangen wurde, welcher Arzt dafür verantwortlich ist und dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, beim Patienten. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass eine ausreichende Kenntnis insbesondere darüber, welchem Arzt welcher konkrete Kunstfehler vorzuwerfen ist, erst nach Vorliegen aller Gutachten gegeben war, ist durchaus vertretbar. Die auf bloßen Mutmaßungen basierende subjektive Überzeugung des Geschädigten reicht für den Beginn des Fristenlaufs nicht aus.