OGH: Zur Verlesung von Aktenteilen in der Hauptverhandlung
Ein zusammenfassender Vortrag durch den Richter anstelle der Verlesung setzt auch bei der Verantwortung des Beschuldigten dessen Einverständnis voraus
§ 252 StPO, § 245 StPO
GZ 14 Os 56/13m, 11.06.2013
OGH: Gutachten von Sachverständigen dürfen in der Hauptverhandlung nur in den in § 252 Abs 1 Z 2 und 4 StPO genannten Fällen (= bei Abweichungen oder im Einverständnis) verlesen werden; Vorstrafakten müssen ebenso wie die Anzeigen und Berichte der Polizei über ihre Erhebungen verlesen werden.
Die durch § 252 Abs 2a StPO ermöglichte Abstandnahme von der Vorlesung oder Vorführung nach § 252 Abs 1 und 2 StPO zugunsten eines zusammenfassenden Vortrags des Inhalts durch den Richter ist an die Zustimmung des Angeklagten gebunden, die in dessen Fernbleiben von der Hauptverhandlung nicht erblickt werden kann.
§ 252 Abs 2a StPO bezieht sich nach seinem Wortlaut zwar nicht ausdrücklich auch auf eine Vorlesung der Verantwortung des Beschuldigten nach § 245 Abs 1 vierter Satz StPO. Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit aller zulässigen Beweismittel, zu denen auch die Einlassung des Angeklagten zählt, bedarf es einer Ergänzung durch analoge Ausdehnung der Verzichtsmöglichkeit des § 252 Abs 2a StPO auch auf die Vorlesung der über die früheren Aussagen aufgenommene Protokolle bzw die Vorführung der technischen Aufnahmen über die Vernehmung des Beschuldigten.
Die resümierende Darstellung des wesentlichen Inhalts der über die Verantwortung des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren (bzw in einer früheren Hauptverhandlung) aufgenommenen Protokolle ohne entsprechendes Einverständnis des Angeklagten verletzt daher das Gesetz.