29.11.2013 Zivilrecht

OGH: Lässt sich aus dem bloßen Miteigentum ein Anspruch auf Anrechnung eines fiktiven Mietzinses als Naturalunterhalt auf den den Kindern geschuldeten Geldunterhalt ableiten?

Eine fiktive Mietersparnis ist auch dann als Naturalunterhalt anzurechnen, wenn der Unterhaltsschuldner nur Miteigentümer der dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehenden Wohnung ist


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, fiktiver Mietzins, Miteigentum
Gesetze:

§ 140 ABGB aF, § 231 ABGB, § 94 ABGB, §§ 825 ff ABGB, WEG

GZ 6 Ob 61/13h, 24.10.2013

 

OGH: Nach der jüngeren Rsp des OGH ist der fiktive Mietwert einer dem Unterhaltsberechtigten vom Unterhaltspflichtigen überlassenen Eigentumswohnung wegen der damit verbundenen Verminderung des Unterhaltsbedarfs ganz oder teilweise als Naturalunterhalt anzurechnen. Dieser Grundsatz gilt nicht nur im Ehegatten-, sondern auch im Kindesunterhaltsrecht. Das Abstellen auf den fiktiven Mietwert verhindert Ungleichbehandlungen, weil es von Zufällen abhängt, ob eine Wohnung ausbezahlt oder noch kreditfinanziert ist, und es der Unterhaltspflichtige bei Relevanz der Höhe der Kreditrückzahlung in der Hand hätte, durch Erhöhung der Rückzahlungsvereinbarung seine Unterhaltspflicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten zu verringern. Auch wird dadurch ein Gleichklang zwischen dem Kindes- und dem Ehegattenunterhalt hergestellt.

 

Entscheidend ist daher, ob die Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten dem Unterhaltspflichtigen zurechenbar ist. Dabei ist nicht maßgebend, ob das Kind in einer Mietwohnung, in einer ausbezahlten Eigentumswohnung oder in einer Wohnung lebt, für die noch Kreditrückzahlungen zu leisten sind. Eine fiktive Mietersparnis ist auch dann als Naturalunterhalt anzurechnen, wenn der Unterhaltsschuldner nur Miteigentümer der dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehenden Wohnung ist.

 

Diese Grundsätze gelten auch für den hier vorliegenden Fall der Wohnversorgung der Unterhaltsberechtigten in einem dem Unterhaltspflichtigen teilweise gehörigen Haus.

 

Eine Anrechnung auf die Leistungen des Unterhaltspflichtigen, der über die Wohnung bzw das Haus verfügungsberechtigt ist, als Naturalunterhalt hat nur dann nicht zu erfolgen, wenn die Bedarfsdeckung ausnahmsweise wirtschaftlich zur Gänze dem betreuenden Elternteil zuzurechnen ist, etwa weil dieser sämtliche Kreditraten trägt oder bei der nachehelichen Vermögensaufteilung eine Gegenleistung für die Überlassung der Wohnungsnutzung erbracht hat.