29.11.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob Ausschüttungen in der Zukunft aus der SICAV-Liquidationsmasse bereits jetzt zu einer Reduzierung der Haftung der Entschädigungseinrichtung führen, ob die Entschädigungseinrichtung einen Zug-um-Zug-Einwand erheben kann und ob die geschädigten Anleger bloß quotenmäßig zu befriedigen sind, wenn das gem § 76 Abs 6 WAG 2007 gebildete Treuhandvermögen zur vollständigen Erfüllung sämtlicher Ansprüche nicht ausreicht

Die Zahlungspflicht einer nach dem WAG 1996 eingerichteten Entschädigungseinrichtung gegenüber dem geschädigten Anleger ist nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass der Anleger seine Forderungen gegen den Wertpapierdienstleister oder gegen denjenigen Rechtsträger Zug um Zug an sie abtritt, bei dem die unter dem Einfluss des Wertpapierdienstleisters veranlagten Gelder vorhanden sind und gegen den der Anleger auch ein direktes Forderungsrecht hat; ein derartiger Rechtsübergang findet bereits nach § 1358 ABGB statt; die bloße Aussicht auf Rückzahlung von Anlegergeldern im Rahmen der Liquidation der SICAV-Fonds kann aber keine Subsidiarität des Entschädigungsanspruchs eines Anlegers begründen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht, Wertpapieraufsichtsgesetz, Bankwesengesetz, Entschädigungseinrichtung, Einlagensicherungseinrichtung, Treuhandvermögen, Liquidationsmasse, Anleger, SICAV-Fonds, Anrechnung, Konkursforderung, Konkursquote, Teilausschüttung, Entschädigung, quotenmäßige Befriedigung, Entschädigungsforderung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 23b Abs 2 WAG 1996, § 76 Abs 6 WAG 2007, § 93 Abs 2 BWG, § 1358 ABGB

GZ 7 Ob 74/13b, 17.09.2013

OGH: Die Frage, wie dem Anleger später zukommende Teilausschüttungen zu behandeln sind und welchen Einfluss sie auf die Höhe der gesetzlichen Entschädigung haben, wurde iZm der Einlagensicherung nach dem BWG dahin beantwortet, dass die berechtigten Forderungen des Einlegers gegen die Einlagensicherungseinrichtung unabhängig davon gleich hoch sein müssen, ob sie vor oder nach Quotenausschüttung im Konkursverfahren geltend gemacht werden. Insb soll der Anspruch nach § 93 Abs 2 BWG nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Begünstigung des Einlegers führen. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallene Quote ausbezahlt, so ist diese daher auf den Höchstbetrag anzurechnen, weil ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Erhält der Berechtigte aus dem Konkurs seine auf ihn entfallende Quote ausbezahlt, so ist diese auf den Höchstbetrag anzurechnen, weil ihm sonst mehr als dieser Garantiebetrag ungekürzt zukäme. Eine dort bereits angemeldete Forderung ist daher im der ausgezahlten Entschädigungsleistung entsprechenden Umfang zu reduzieren. Es ist daher der zu ermittelnde Einlagensicherungsbetrag um jenen Prozentsatz zu mindern, mit dem bereits eine quotenmäßige Befriedigung der Ansprüche des Einlegers erfolgt ist. Wird im umgekehrten Fall zuerst die Entschädigungsleistung ausbezahlt, so verringert dies die Forderung des Anlegers gegen den Gemeinschuldner bzw gegen die Liquidationsmasse des SICAV-Fonds.

Nach gefestigter Rsp sind Entschädigungsforderungen des Anlegers nach dem WAG unabhängig vom Konkursverfahren anzumelden und nach der vorgesehenen Prüfung durch die Beklagte ohne Rücksicht auf den Verfahrensstand im Konkursverfahren des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder der SICAV-Fonds zur Zahlung fällig. Es gilt das Prioritätsprinzip, sodass es nicht zu einer quotenmäßigen Befriedigung der Anleger durch die Beklagte kommt, falls ihr Vermögen zur Befriedigung aller Anspruchsberechtigter nicht ausreicht.

Die Zahlungspflicht einer nach dem WAG 1996 eingerichteten Entschädigungseinrichtung gegenüber dem geschädigten Anleger ist nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass der Anleger seine Forderungen gegen den Wertpapierdienstleister oder gegen denjenigen Rechtsträger Zug um Zug an sie abtritt, bei dem die unter dem Einfluss des Wertpapierdienstleisters veranlagten Gelder vorhanden sind und gegen den der Anleger auch ein direktes Forderungsrecht hat.