25.11.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob dem Kind nur der sich aus der Prozentkomponente ergebende Unterhaltsbetrag als Vorschuss zu gewähren ist, wenn sich der geldunterhaltspflichtige Elternteil freiwillig zu einem höheren Unterhaltsbetrag vertraglich verpflichtet hat

Nach dem UVG hat der Bund auf den „gesetzlichen“ Unterhalt minderjähriger Kinder Vorschüsse zu gewähren


Schlagworte: Familienrecht, Unterhaltsvorschuss, freiwillige Verpflichtung zu höherem Unterhalt, gesetzlicher Unterhalt
Gesetze:

§ 4 UVG, § 7 UVG, § 55a EheG, § 69a EheG, § 140 ABGB aF, § 231 ABGB

GZ 10 Ob 43/13s, 12.09.2013

 

Die Antragsteller haben Folgendes vorgebracht:

 

Die Höhe der gewährten Unterhaltsvorschüsse diene dem Wohl der Minderjährigen und liege in deren Interesse. Aus diesem Grund sei der diesbezügliche Vergleich auch pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden. Im Übrigen handle es sich jedenfalls um gesetzlichen Unterhalt, weil der Unterhaltsanspruch auf Grundlage des § 55a Abs 2 EheG geregelt worden sei; § 69a EheG stelle diesen vertraglichen Unterhalt dem gesetzlichen gleich. Aufgrund der Beschäftigungssituation des Vaters zum Zeitpunkt der Ehescheidung sei anzunehmen, dass die Regelung auf Basis des Unterhaltsniveaus während aufrechter Ehe abgestellt worden sei.

 

OGH: Soweit die Antragsteller auf § 69a Abs 1 EheG verweisen, ist ihnen zu entgegnen, dass diese Bestimmung nach ihrem Inhalt und ihrer systematischen Stellung ganz eindeutig nur den vereinbarten Unterhalt zwischen (gem § 55a EheG einvernehmlich geschiedenen) Ehegatten einem gesetzlichen gleichstellt; also dem Umstand Rechnung trägt, dass zwischen ihnen nach einer Scheidung gem § 55a EheG grundsätzlich kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht. Eine analoge Anwendung des § 69a Abs 1 EheG ist aber auch mangels Regelungslücke unzulässig. Das Kindeswohl oder die Tatsache, dass ein bestimmter Unterhaltsbetrag im Interesse der Minderjährigen gelegen ist (so die Revisionsrekurswerber), ist für die Lösung der Rechtsfrage ebenfalls irrelevant.

 

Das weitere - vom Rekursgericht noch nicht berücksichtigte - Vorbringen in der Rekursbeantwortung, dass „die Regelung auf Basis des Unterhaltsniveaus während aufrechter Ehe getroffen worden sei“, entfernt sich vom unstrittigen Vergleichstext. Das Einkommensniveau und die Tatsache, dass ausdrücklich ein höherer Unterhaltsbetrag als gesetzlich geschuldet vereinbart wurde, gehen daraus klar hervor. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zeigt die Verfahrensrüge der Rechtsmittelwerber somit nicht auf.

 

Hinsichtlich der in der Zulassungsbegründung angeführten Rechtsfrage ist nur noch klarzustellen, dass schon nach dem (vom Rekursgericht wiedergegebenen) Inhalt der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen kein Zweifel an der Richtigkeit der Rekursentscheidung bestehen kann:

 

Der Bund hat auf den „gesetzlichen“ Unterhalt minderjähriger Kinder nach diesem Bundesgesetz Vorschüsse zu gewähren (§ 1 UVG). Die Vorschüsse sind grundsätzlich in der beantragten Höhe bis zu dem im Exekutionstitel festgesetzten Unterhaltsbeitrag zu gewähren (§ 5 Abs 1 UVG). Jedoch hat das Gericht die Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit sich (in den Fällen der §§ 3 und 4 Z 1 UVG) „aus der Aktenlage ergibt, dass die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht nicht (mehr) besteht oder, der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt ist“ (§ 7 Abs 1 Z 1 UVG).

 

Der aufgrund eines Exekutionstitels gewährte Vorschuss soll der jeweiligen materiellen Unterhaltspflicht entsprechen und zwar unabhängig davon, ob eine Unrichtigkeit schon zum Zeitpunkt der Schaffung des Titels bestand oder sich aus einer zwischenzeitigen Änderung der Verhältnisse ergibt.

 

Hier ergibt sich aus dem Akteninhalt (schon aus dem Exekutionstitel selbst), dass die Unterhaltsbeträge, zu deren Zahlung sich der Unterhaltsschuldner verpflichtete, über dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch liegen. Die Voraussetzungen einer teilweisen Versagung der beantragten Unterhaltsvorschüsse iSd § 7 Abs 1 Z 1 UVG sind daher sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Zweck dieser Bestimmung erfüllt.