VwGH: Erkennbarkeit des Übergenusses
Für die Erkennbarkeit eines Übergenusses ist ein objektiver Maßstab anzulegen; ein subjektiver Maßstab würde dazu führen, dass der Beamte, der sich um die Umstände seiner Entlohnung in keiner Weise kümmert, für seine Unachtsamkeit belohnt würde
§ 13a GehG
GZ 2009/12/0132, 04.09.2012
VwGH: Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, kommt es nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) an. Demnach ist Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur hätte Zweifel haben müssen.
Erfolgt die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erfolgt ist, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruht, den der Leistungsempfänger weder erkennt noch veranlasst hat, so ist dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar (und damit eine Rückersatzverpflichtung schon deshalb zu bejahen), wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet, besteht. Andernfalls, also bei einer zwar unrichtigen aber nicht offensichtlich falschen Auslegung der Norm, ist die objektive Erkennbarkeit zu verneinen, sofern sie nicht durch andere Umstände indiziert wird.
Für die Frage, ob die empfangenen Übergenüsse rückgefordert werden können, ist die Situation im Zeitpunkt des erstmaligen Mehrbezuges von Bedeutung, nämlich ob für den Beamten der erstmalige Irrtum der Behörde bei der Anweisung der Bezüge objektiv erkennbar war oder ob er damals bei der Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihm fortlaufend bezogenen überhöhten Bezüge hätte haben müssen.
Die vom Bf vertretene Rechtsansicht würde dazu führen, dass derjenige Beamte, der sich um die wesentlichen Umstände betreffend seine Entlohnung in keiner Weise kümmert, dadurch belohnt würde, dass im Falle des Entstehens eines Übergenusses von seiner Gutgläubigkeit beim Empfang der Leistung auszugehen wäre. Gerade dies widerspricht aber der stRsp des VwGH, wonach von dem Beamten ein durchschnittliches Maß an Sorgfalt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der ihm zustehenden Leistungen gefordert wird, wobei die Frage der Erkennbarkeit objektiv zu beurteilen ist.