04.11.2013 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Pflegegeld und Einstufungsverordnung – Beheizung eines zusätzlichen Holzofens als Hilfsverrichtung § 2 Abs 2 EinstV?

Wenngleich infolge der in § 2 Abs 2 EinstV zum BPGG enthaltenen Pauschalierung das Bedarfsausmaß nicht konkret zu prüfen ist, kommt es für die Beurteilung, ob die betreffende Hilfsverrichtung zur Sicherung der Existenz (§ 2 Abs 1 EinstV) erforderlich ist, auf die individuelle Situation an; ob ein Hilfsbedarf nach § 2 EinstV für die Beheizung des Wohnraums einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial anzunehmen ist, ist demnach an Hand der jeweiligen konkreten Situation zu beurteilen


Schlagworte: Pflegegeld, Hilfsverrichtung, Beheizung eines zusätzlichen Holzofens
Gesetze:

BPGG, § 2 EinStV

GZ 10 ObS 123/13f, 12.09.2013

 

OGH: Das Pflegegeld hat den Zweck, in Form eines Beitrags pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten.

 

Was unter Pflegebedarf bzw Betreuung und Hilfe zu verstehen ist, wird in der Einstufungsverordnung definiert. Unter Hilfe sind aufschiebbare Verrichtungen anderer Personen zu verstehen, die den sachlichen Lebensbereich betreffen und zur Sicherung der Existenz erforderlich sind (§ 2 Abs 1 EinStV). Unter anderem zählt zu den Hilfsverrichtungen auch die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial (§ 2 Abs 2 EinstV). Dafür ist ein - auf einen Monat bezogener - fixer Zeitwert von 10 Stunden anzunehmen (§ 2 Abs 3 EinstV).

 

Wenngleich infolge der in § 2 Abs 2 EinstV zum BPGG enthaltenen Pauschalierung das Bedarfsausmaß nicht konkret zu prüfen ist, kommt es für die Beurteilung, ob die betreffende Hilfsverrichtung zur Sicherung der Existenz (§ 2 Abs 1 EinstV) erforderlich ist, auf die individuelle Situation an. Ob ein Hilfsbedarf nach § 2 EinstV für die Beheizung des Wohnraums einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial anzunehmen ist, ist demnach an Hand der jeweiligen konkreten Situation zu beurteilen.

 

Wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat, ist nach stRsp ein Bedarf nach fremder Hilfe zur Beheizung des Wohnraums einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial zu verneinen, wenn eine funktionsfähige Zentralheizung vorhanden ist, sofern der Pflegebedürftige diese zu bedienen im Stande ist oder die Wartung und Temperatursteuerung nicht vom Pflegebedürftigen vorgenommen werden muss (zB Fernwärme, Gasetagenheizung). Trotz Anschlusses an eine bestehende Zentralheizung könnte nach der Rsp ein anzuerkennender Mehrbedarf aber dann bestehen, wenn der Wohnraum der pflegebedürftigen Person wegen deren schlechten Gesundheitszustands auch außerhalb der üblichen Heizperiode beheizt oder während dieser auf eine höhere Temperatur gebracht werden muss, was einen vermehrten Aufwand iZm der Herbeischaffung des festen Heizmaterials und der Beschickung eines Herdes mit sich bringen könnte. In diesem Fall wären die damit verbundenen Hilfsverrichtungen im Pflegebedarf zu berücksichtigen.

 

Im vorliegenden Fall wird die Gas-Zentralheizung als Beheizungsform verwendet, wenngleich sie - wie die Klägerin selbst vorbringt - auf niedriger Stufe gefahren wird und aus Kostengründen zusätzlich der Küchenofen mit Holz beheizt wird. Bei dieser Sachlage besteht weder ein Anhaltspunkt dafür, dass ein Bedarf nach zusätzlicher Beheizung mit Holz aus gesundheitlicher Notwendigkeit bei der Klägerin vorliegt, noch dafür, dass sie zur Bedienung der Zentralheizung nicht im Stande wäre. Ist mit der Herbeischaffung des festen Heizmaterials und der Beschickung des Küchenofens verbundene Hilfsbedarf aber nicht zur Sicherung der Existenz erforderlich (§ 2 Abs 1 EinStV), ist er nicht zuzuerkennen.

 

Die Ansicht der Vorinstanzen, der für die Beheizung der Wohnung in § 2 Abs 3 EinstV vorgesehene fixe Zeitwert von 10 Stunden monatlich sei bei der Ermittlung des Pflegebedarfs nicht zu veranschlagen, weicht somit von der bisherigen oberstgerichtlichen Rsp nicht ab. Angesichts des sonst nicht strittigen Pflegebedarfs beträgt der Pflegebedarf der Klägerin 78 Stunden monatlich, was nach § 4 Abs 2 BPGG der Pflegestufe 1 entspricht.