OGH: Stichtagsverlegung bei Weitergewährung der Invaliditätspension
Auf eine Änderung der Rechtslage hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen; es ist somit auch im Verfahren über die Weitergewährung einer Invaliditätspension die durch die „Härtefallregelung“ nach § 255 Abs 3a und b ASVG bewirkte Rechtsänderung zu berücksichtigen
§ 255 ASVG, § 86 ASGG
GZ 10 ObS 146/12m, 29.01.2013
OGH: Tritt eine Änderung des Gesundheitszustands, eine Gesetzesänderung oder eine sonstige Änderung der Anspruchsvoraussetzungen (etwa auch die Erreichung eines bestimmten Lebensalters) während des Verfahrens ein, so ist die sich daraus ergebende Änderung bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Es wird durch diese Änderungen, sofern sie für den erhobenen Anspruch von Bedeutung sind, ein neuer Stichtag ausgelöst und die Anspruchsvoraussetzungen sind zu diesem neuen Stichtag zu prüfen. Dem Klagebegehren ist auch dann stattzugeben, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch erst nach dem Stichtag eintreten; diesbezüglich ist § 86 ASGG sinngemäß anzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Anspruchsvoraussetzungen zu einem vor Schluss der Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt sind.
Es ist somit iS dieser Rsp auch im Weitergewährungsverfahren die durch das Inkrafttreten der „Härtefallregelung“ nach § 255 Abs 3a und b ASVG bewirkte Rechtsänderung zu berücksichtigen. Die in den Entscheidungen 10 ObS 77/12i und 10 ObS 156/11f vertretene gegenteilige Rechtsansicht wird nicht aufrechterhalten.
Wird durch die Vollendung des 50. Lebensjahres ein neuer Stichtag ausgelöst, so ist zu diesem zu prüfen, ob der Kläger nur mehr die im § 255 Abs 3b ASVG umschriebenen Verweisungstätigkeiten („Härtefallregelung“) ausüben kann oder ob er darüber hinaus in der Lage ist, weiteren Verweisungstätigkeiten nachzugehen.