28.10.2013 Zivilrecht

OGH: Schlüssige Einräumung einer Grunddienstbarkeit

Eine Grunddienstbarkeit kann auch durch schlüssiges Verhalten eingeräumt werden; eine Eintragung der Grunddienstbarkeit in das Grundbuch ist für deren Zustandekommen nicht unbedingt erforderlich


Schlagworte: Dienstbarkeit, Servitut, Grundbuch, schlüssige Einräumung einer Servitut, unterbliebene Einverleibung
Gesetze:

§§ 472 ff ABGB, § 480 ABGB, § 863 ABGB

GZ 10 Ob 45/11g, 28.06.2011

OGH: Dienstbarkeiten können nach § 480 ABGB auch vertraglich eingeräumt werden. Ein Dienstbarkeitsvertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB zustande kommen. Nach stRsp kommt ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Gutes, sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen. So wird beispielsweise ein stillschweigender Vertragsschluss gewöhnlich angenommen, wenn der Liegenschaftseigentümer die Errichtung und Benützung einer kostspieligen Anlage duldet, weil er wissen musste, dass der Begünstigte solche Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte.

Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen war bereits im Zuge der Planung die Situierung des Hauses und der Garage der Rechtsvorgänger der Kläger auf die Benützung der streitgegenständlichen Fläche ausgerichtet. Nach den Ausführungen des Erstgerichts unterblieb in der Folge irrtümlich die Aufnahme dieser Dienstbarkeit in den Kaufvertrag und folglich auch deren grundbücherliche Einverleibung. Trotz dieses Versehens erfolgte die Benützung des Grundstücks ab 1990 durch die Rechtsvorgänger der Kläger und ab 1995 durch die Kläger selbst stets unter Inanspruchnahme der streitgegenständlichen Fläche.

In der Rechtsansicht der Vorinstanzen, diese bewusste Duldung der Ausübung der Dienstbarkeit durch ca 17 Jahre müsse mit Überlegung aller Umstände (§ 863 ABGB) als schlüssige Einräumung der Dienstbarkeit angesehen werden, kann im Hinblick auf die oben dargestellten Grundsätze keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.