OGH: Anlageberatung für Wertpapiere, Mitverschulden
Die Anlageberatung nach dem WAG 2007 ist so konzipiert, dass sich der Kunde die Warnhinweise nicht durchlesen muss
§§ 1295 ff ABGB, § 1304 ABGB, § 44 WAG, § 864a ABGB
GZ 10 Ob 7/12w, 29.01.2013
OGH: Nach der Ansicht von Graf könnte im vorliegenden Fall ein Mitverschulden des Klägers nicht mit dem Argument bejaht werden, er habe die in den Unterlagen enthaltenen Warnhinweise ungelesen unterschrieben. Die Beurteilung, ob die Risiken seinen Präferenzen entsprechen oder nicht, müsse der Anlageberater vornehmen. Wenn der Anlageberater dem Kunden mitteile, ein bestimmtes Papier entspreche seinen Präferenzen, müsse der Kunde nicht davon ausgehen, im Kleingedruckten die gegenteilige Information vorzufinden. Hier greife ein Vertrauensschutz, der es ausschließe, dies dem Kunden als Mitverschulden anzurechnen. Dies könne auch auf den in § 864a ABGB zum Ausdruck kommenden Gedanken gestützt werden.
Aber auch wenn man dieser Ansicht von Graf nicht folgen wollte, hat sich der Kläger zwar sorglos verhalten, weil er den Zusicherungen des Ing. T***** vertraute und die (teilweise unrichtig) ausgefüllten Protokolle und Anträge ungelesen unterfertigte. Dem steht jedoch dessen massives, den Beklagten zuzurechnendes Fehlverhalten gegenüber, weil er (offenbar im eigenen Interesse [Provision]) das Vertrauen des Klägers missbrauchte, wesentliche Daten unrichtig ausfüllte und falsche Angaben zur „Sicherheit“ der Anlage machte. Dieses Verhalten wiegt jedenfalls wesentlich schwerer als die Sorglosigkeit des Klägers.