05.08.2013 Strafrecht

OGH: Erfolgsabwendungspflicht des Garanten iSd § 2 StGB

Bestrafung einer Mutter gem § 12 3. Fall iVm § 206 Abs 1 StGB wegen Vernachlässigung der sie treffenden Erfolgsabwendungspflicht


Schlagworte: Unterlassungstäter, Garantenstellung, Vorsatz, Wissentlichkeit, Erfolgsabwendungspflicht
Gesetze:

§ 2 StGB, § 206 StGB, § 281 StPO

GZ 12 Os 153/12k, 13.12.2012

 

OGH: Nach den entscheidungswesentlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite wusste die Angeklagte im vorliegenden Fall über ihre Garantenstellung als Mutter und das Alter ihrer Tochter Bescheid. Zum Zeitpunkt ihres Wissens erfolgten Übernachtungen eines 18-jährigen im Zimmer der Unmündigen. Die Mutter hatte zwar keine Gewissheit darüber, ob dieser mit ihrer Tochter auch vor dem 14. Geburtstag den Beischlaf vollziehen würde und wollte dies auch nicht, hielt es aber dennoch jedes Mal ernstlich für möglich und fand sich auch damit ab, weil ihr lediglich wichtig war, dass ihre Tochter nicht schwanger werden würde. Es war ihr auch bewusst, dass es ihre Pflicht wäre, dies zu verhindern. Darüber hinaus wäre es ihr auch ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, den Erstangeklagten entweder zur Übernachtung überhaupt außer Hauses oder aber zumindest zu einer solchen auf der Couch aufzufordern und allfälligen entgegenstehenden Bitten ihrer Tochter energisch entgegenzutreten.

 

Grundsätzlich muss sich der Vorsatz des Unterlassungstäters auf das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Situation sowie auf die Möglichkeit einer eigenen erfolgsabwendenden Handlung beziehen und auch die eigene Garantenstellung umfassen, was im vorliegenden Fall auch gegeben war.

 

Soweit die sich Mängelrüge der Angeklagten iSd § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO auf die Frage der Wissentlichkeit bezieht, spricht sie keine entscheidende Tatsache an. § 206 Abs 1 StGB fordert eine billigende innere Bewertung der als naheliegend erkannten Tatbildverwirklichung nämlich gar nicht, sondern lässt es hinreichen, dass sich die Angeklagte mit der Verwirklichung des Sachverhalts abfindet.

 

Die Angeklagte wurde daher schuldig erkannt, unter Vernachlässigung ihrer im Gesetz statuierten Erfolgsabwendungspflicht iSd § 2 StGB den an ihrer unmündigen Tochter begangenen schweren sexuellen Missbrauch trotz bestehender Möglichkeit nicht verhindert zu haben.