15.07.2013 Zivilrecht

OGH: Unterhaltspflicht des Vaters – Bemessung bei weiterer Sorgepflicht gegenüber seiner Mutter

Die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern und Großeltern ist der Ausnahmefall; sie ist subsidiär zur Unterhaltspflicht gegenüber eigenen Kindern


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, Bemessung, Sorgepflicht gegenüber Eltern
Gesetze:

§ 231 ABGB, § 140 ABGB aF, § 234 ABGB, § 143 ABGB aF

GZ 4 Ob 49/13d, 23.05.2013

 

Das Rekursgericht hat die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber seiner minderjährigen Tochter aufgrund seiner weiteren Sorgepflicht gegenüber seiner Mutter um 1 % gekürzt. Der Vater hält demgegenüber eine Kürzung um zumindest 2 % für angemessen.

 

OGH: Konkurrierende Sorgepflichten führen zur angemessenen Herabsetzung des Unterhaltsprozentsatzes. Die Beteiligung konkurrierender Unterhaltsberechtigter an den verfügbaren Unterhaltsmitteln richtet sich nach dem Stand der einzelnen Unterhaltsberechtigten (Ehegatte, Eltern, Kinder, Enkelkinder) und - bei gleichem Stand - nach Alter, Bedarf uä. Nur eine solche nach diesen Prinzipien gerechte Verteilung des für alle Unterhaltsverpflichtungen insgesamt zur Verfügung stehenden Betrags bewirkt eine angemessene Teilnahme aller Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen.

 

Die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern und Großeltern ist der Ausnahmefall; sie ist subsidiär zur Unterhaltspflicht gegenüber eigenen Kindern. Geschuldet wird ein angemessener, nicht bloß notdürftiger Unterhalt.

 

Der Unterhalt von Kindern bestimmt sich nach den in der Rsp entwickelten und vom Schrifttum gebilligten Berechnungsformeln für den Altersbereich von sechs bis zehn Jahren mit rund achtzehn Prozent und für den Altersbereich von zehn bis fünfzehn Jahren mit rund zwanzig Prozent des Nettoeinkommens, und zwar mit Abzügen für konkurrierende Unterhaltspflichten von ein Prozent für jedes Kind unter und von zwei Prozent für jedes Kind über zehn Jahren sowie von null Prozent bis drei Prozent für einen Ehegatten, je nach dessen Eigenverdienst.

 

Ausgehend von einem monatlichen Eigeneinkommen der Mutter von 925 EUR und der von ihrem Sohn erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen von monatlich 500 EUR weicht die Reduktion der Unterhaltspflicht um 1 % nicht von der zitierten Rsp ab, berücksichtigt man die Subsidiarität der Pflicht zum Elternunterhalt gegenüber der Pflicht zum Kindesunterhalt. Auch können freiwillige (oder auch aus bloß sittlicher Pflicht) übernommene Unterhaltsleistungen den Anspruch anderer Unterhaltsberechtigter nicht mindern, sodass es nicht darauf ankommt, wie viel er seiner Mutter gezahlt hat.

 

Im Übrigen wird der Unterhalt nicht berechnet, sondern bemessen, und die Prozentsätze dienen nur als Orientierungshilfe. Wenn der Rechtsmittelwerber in dieser Sonderkonstellation (nur) eine Berücksichtigung seiner Sorgepflicht gegenüber seiner Mutter mit 2 % anstatt 1 % geltend macht, zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage auf.