OGH: § 1162b ABGB / § 29 AngG – Kündigungsentschädigung und Anrechnung versäumter Verdienstmöglichkeiten
Bereits entstandene Ansprüche nach § 1162b ABGB oder § 29 AngG können durch nachträgliche Ereignisse grundsätzlich nicht mehr wegfallen oder verringert werden, es sei denn, es handelt sich um Umstände, die zur ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses oder zumindest des Entgeltanspruchs während der fiktiven Kündigungsfrist geführt hätten
§ 29 AngG, § 1162b ABGB
GZ 8 ObA 26/13a, 28.05.2013
OGH: Im Fall der auf dem Schadenersatzprinzip beruhenden Kündigungsentschädigung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses maßgeblich. Der Arbeitnehmer soll als Kündigungsentschädigung das bekommen, was ihm ohne seine berechtigte Auflösungserklärung zugekommen wäre. Bereits entstandene Ansprüche nach § 1162b ABGB oder § 29 AngG können durch nachträgliche Ereignisse grundsätzlich nicht mehr wegfallen oder verringert werden, es sei denn, es handelt sich um Umstände, die zur ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses oder zumindest des Entgeltanspruchs während der fiktiven Kündigungsfrist geführt hätten.
Der in der Revision hervorgehobene Umstand, dass dem Kläger nach seinem Unfall aus medizinischen Gründen vom Installateurberuf abgeraten wurde, hätte nicht zur ex-lege-Beendigung des Lehrverhältnisses geführt. Selbst wenn er - was nach den Feststellungen überhaupt nicht der Fall ist - körperlich unfähig geworden wäre, den Installateurberuf zu erlernen, hätte das Lehrverhältnis dadurch nicht von selbst geendet, sondern wäre der Beklagten lediglich nach § 15 Abs 3 lit f BAG eine vorzeitige Auflösung ermöglicht worden.
Soweit die Revisionswerberin eine Anrechnung versäumter Verdienstmöglichkeiten nach § 1162b ABGB anstrebt, weicht sie vom maßgeblichen Sachverhalt ab. Den Feststellungen der Tatsacheninstanzen kann nicht entnommen werden, dass der Kläger eine sich ihm konkret bietende und zumutbare Verdienstmöglichkeit absichtlich, also um die Anrechnung zu verhindern, ausgeschlagen hat, oder es in der gleichen Absicht unterlassen hat, sich um einen anderen Verdienst zu bemühen (zur Behauptungs- und Beweislast des Dienstgebers: RIS-Justiz RS0028309).