VwGH: Verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 VStG
Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt
§ 9 VStG
GZ 2013/03/0020, 24.04.2013
Der Bf macht geltend, dass er für die ihm angelasteten Übertretungen zufolge der der Behörde bei der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2012 vorgelegten Bestellung der für die Einhaltung ua der Bestimmungen des GGBG verantwortlichen Beauftragten M L iSd § 9 Abs 2 VStG nicht gem § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei.
VwGH: Nach der Rsp des VwGH ist, um von einem verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 VStG sprechen zu können, gem § 9 Abs 2 iVm Abs 4 VStG eine nachweisliche Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person erforderlich. Diese Bestellung wirkt erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen ist. Mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach Außen Berufenen. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt. Die Wichtigkeit der Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit erfordert es, dass die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und die damit übereinstimmende Zustimmung so erklärt wird, dass kein Zweifel an deren Inhalt entsteht.
Der Bf hat bei der mündlichen Verhandlung eine mit 3. Juli 2008 datierte Vereinbarung zwischen dem Bf und M L vorgelegt, die von beiden gefertigt wurde. Danach wurde die Genannte "mit sofortiger Wirkung als verantwortliche Beauftragte gem § 9 VStG im Betrieb" des besagten Unternehmens bestellt. Nach dieser Vereinbarung gehört "zu ihrem eigenverantwortlichen Wirkungsbereich … der Fahrzeugtransit, insbesondere durch Österreich, die Disposition der Fahrer und der Fahrzeuge, worüber sie eine Anordnungsbefugnis hat. Damit im Zusammenhang ist sie auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht verantwortlich, alle internationalen und nationalen Gesetze, insbesondere die österreichischen Gesetze einzuhalten, insbesondere die Straßenverkehrsordnung, das KFG, das Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz, Beladungsvorschriften, Ladungssicherungsvorschriften, Ausstattungsvorschriften, das Güterbeförderungsgesetz etc., insbesondere auch alle einschlägigen EU-Richtlinien. Ausdrücklich ist M L mit ihrer Bestellung als verantwortliche Beauftragte einverstanden. Sie erklärt auch, für einen sachlich abgegrenzten Bereich im Unternehmen … ausschließlich und mit Anordnungsbefugnis gegenüber Mitarbeitern und Fahrern verantwortlich zu sein und für die Einhaltung sämtlicher Verwaltungsvorschriften, die im Zusammenhang mit dem Transit von LKWs in Europa, insbesondere durch Österreich, zu beachten sind, verantwortlich zu sein, insbesondere in strafrechtlicher Hinsicht. Ihr wurde ausdrücklich § 9 VStG … zur Kenntnis gebracht und übernimmt sie in dieser Hinsicht die verwaltungsstrafrechtliche Haftung und Verantwortung."
Die Anführung der österreichischen Gesetze in dieser Bestellungsurkunde ist auf dem Boden der Rsp nur eine demonstrative Aufzählung, die die Verantwortung der verantwortlichen Beauftragten nicht auf diese Gesetze einzugrenzen vermag. Da die gegenständlich bestellte Person bezüglich der Einhaltung der österreichischen Gesetze für den genannten Sachbereich als verantwortliche Beauftragte in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht bestellt wurde, kann entgegen der belBeh nicht gesagt werden, dass diese Bestellung die Bestimmungen des GGBG nicht erfassen würde. Der Behörde wurde zudem sowohl der räumliche Geltungsbereich der Bestellung als auch das Erfordernis der entsprechenden Anordnungsbefugnis der zur verantwortlich beauftragten bestellten Person iSd § 9 Abs 4 VStG nachgewiesen. Die Bestellung der Genannten zur verantwortlichen Beauftragten umfasst somit auch die Verantwortlichkeit für die Einhaltung des GGBG.
Im Hinblick auf die wirksame Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten wäre der Bf nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 6 VStG verantwortlich, dh wenn er die Tat vorsätzlich nicht verhindert hätte. Solches hat die belBeh jedoch nicht angenommen.