10.06.2013 Strafrecht

OGH: Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und Versuch iSd § 15 Abs 2 StGB

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Vorbereitungshandlung und Versuch iSd § 15 Abs 2 StGB ist, ob die Handlung bei wertender Betrachtung ex ante und unter Berücksichtigung der konkreten Vorstellungen des Täters unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll


Schlagworte: Vorbereitungshandlung, Versuch, Ausführungsnähe, Suchtgift, Feststellungen zum genauen Tatplan
Gesetze:

§ 15 StGB

GZ 15 Os 141/12t, 27.02.2013

 

OGH: Bedarf es noch weiterer essentieller zeitlicher, örtlicher oder manipulativer Etappen für die Tatausführung, fehlt es an dem für die Ausführungsnähe vorausgesetzten engen zeitlich-örtlichen bzw aktionsmäßigen Konnex. Der Begriff der Ausführungsnähe wird somit durch den Tatplan bestimmt. In subjektiver Hinsicht muss das deliktische Verhalten schon in ein Stadium getreten sein, aus dem sachlich gesehen anzunehmen ist, dass der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden hat.

 

Grundsätzlich begründet daher – wie im gegenständlichen Fall relevant - schon die Anreise zum Ort der Übernahme des Suchtgifts oder das Zusammentreffen mit dem Suchtgiftlieferanten eine ausführungsnahe Versuchshandlung. Dennoch konnte im vorliegenden Fall, bei dem der Angeklagte dazu angeworben wurde, Suchtgift in seinem Körper versteckt von Kolumbien nach Österreich zu transportieren, eine strafbare Versuchshandlung nicht begründet werden: Der Angeklagte wurde in Cali von einem Kolumbianer aufgesucht und aufgefordert, größere Weintrauben zu schlucken, um „später“ in der Lage zu sein, flüssiges Kokain beinhaltende Kugeln zu schlucken. Der Angeklagte konnte die Weintrauben jedoch nicht schlucken, weshalb der Angeklagte ohne weitere Kontaktaufnahme zu seinen Hintermännern nach Hause zurückkehrte. Die Einfuhr des Kokains unterblieb folglich aufgrund des vom Angeklagten subjektiv empfundenen Unvermögens, die Weintrauben und „in späterer Folge“ die Kokainkapseln zu schlucken.

 

Die Rechtsansicht des Erstgerichts, der Angeklagte sei bereits mit seiner Reise nach Kolumbien und der Kontaktaufnahme mit den Mittelsmännern vor Ort in das Stadium der Ausführungsnähe eingetreten, kann nicht geteilt werden; denn es wurden keine weiteren Feststellungen zum genauen Tatplan getroffen; etwa ob die einzuführenden Suchtgiftkapseln im unmittelbaren Anschluss an die Probe mit den Weintrauben geschluckt und sodann zu einem bereits vorbestimmten Zeitpunkt außer Landes gebracht werden sollten, sodass nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die entscheidende örtliche und zeitliche Nähe zum tatbestandsmäßigen Unrecht schon gegeben und auch die subjektive Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden war.