27.05.2013 Zivilrecht

OGH: Entgelt für Konsumationen und Zimmermiete in einem Bordell von der Bordellbetreiberin einklagbar?

Die Vereinbarung zwischen einer Prostituierten und ihrem Kunden ist nicht generell sittenwidrig


Schlagworte: Prostituierte, Vereinbarung, nicht sittenwidrig, klagbare Entgeltforderung, Bordellbetreiber
Gesetze:

§ 879 ABGB

GZ 6 Ob 124/12x, 13.09.2012

 

Der Beklagte besuchte einen Nobel-Nachtclub und lud dort einen Freund und einige Prostituerte zu einer „Champagnerparty“ ein, wobei nach den Behauptungen der Klägerin 31 Flaschen Champagner konsumiert wurden. Der Beklagte und sein Freund verbrachten auch einige Stunden in je einem Zimmer im Nachtklub.

 

Die Klägerin ist die Betreiberin des Nachtclubs und begehrte vom Beklagten die Bezahlung des konsumierten Champagners und der Zimmermiete iHv insgesamt 10.000 EUR.

 

Der Beklagte wendete ein, er habe viel weniger konsumiert, er schulde nichts, weil er infolge Alkoholisierung geschäftsunfähig gewesen sei. Die verlangten Preise seien krass überhöht. Im Übrigen sei der Vertrag sittenwidrig, weil dadurch die Sexualität kommerziell ausgebeutet werde.

 

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht wies es mit der Begründung ab, dass nach der Rsp Verträge über sexuelle Handlungen sittenwidrig seien, wovon auch die Konsumation des Champagners erfasst sei.

 

OGH: Der OGH ist mit seiner Entscheidung vom 18. April 2012, 3 Ob 45/12g, von der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung 3 Ob 516/89 abgegangen. Der 3. Senat kam zu folgendem Ergebnis: Die Vereinbarung zwischen einer Prostituierten und ihrem Kunden ist nicht generell sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB. Ein klagbarer Anspruch auf Vornahme oder Duldung einer sexuellen Handlung besteht nicht. Wurde die sexuelle Handlung gegen vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen oder geduldet, so begründet diese Vereinbarung eine klagbare Entgeltforderung. Dieser Grundsatz gilt auch im Verhältnis zwischen Bordellbetreiber und Kunden.

 

Der erkennende 6. Senat schließt sich dieser eingehend begründeten Entscheidung 3 Ob 45/12g an. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Entgeltsanspruch bestehe wegen Sittenwidrigkeit nicht zu Recht, kann nicht gefolgt werden.

 

Das Berufungsgericht wird daher die Rüge von Verfahrensmängeln und die Beweisrüge betreffend durchaus entscheidungsrelelevante Feststellungen (über die Alkoholisierung des Beklagten, die bestrittene Menge der Konsumationen sowie die bestrittene Zahlungsbereitschaft des Beklagten) zu behandeln haben.