20.05.2013 Zivilrecht

OGH: Es gibt Aufrechnung, aber keine Gegenaufrechnung

Der Kläger kann einer Aufrechnung durch den Beklagten keine Gegenaufrechnung entgegenhalten


Schlagworte: Aufrechnung, Gegenaufrechnung, prozessuale Aufrechnung, materiell-rechtliche Aufrechnung, Klagserweiterung
Gesetze:

§§ 1438 ff ABGB, § 391 ZPO

GZ 6 Ob 110/12p, 13.09.2012

 

Dem Kläger wurden Gegenforderungen, die teils weit zurückreichten, entgegen gehalten. Dieser Aufrechnungseinrede hielt er Forderungen entgegen, die er mit den Gegenforderungen aufrechnen und so die Gegenforderungen verringern wollte (Gegenaufrechnungseinrede).

 

OGH: Soweit der Kläger in seinem Rechtsmittel eine „Gegenaufrechnungseinrede“ erhebt, verstößt diese gegen das Neuerungsverbot. Allerdings war die Gegenforderung der beklagten Partei wegen deren Zurückweisung durch das Erstgericht überhaupt noch nicht Verhandlungsgegenstand in erster Instanz, sodass es dem Kläger unbenommen bleibt, im fortgesetzten Verfahren Einwendungen gegen die Gegenforderung vorzubringen.

 

Dabei ist allerdings schon jetzt darauf hinzuweisen, dass es sich nach st Rsp bei einer „Gegenaufrechnung“ des Klägers gegen eine vom Beklagten eingewendete Gegenforderung um eine bedingte Klagserweiterung handelt, die grundsätzlich unzulässig ist. Anderes gilt lediglich in Sonderkonstellationen. Die vom Kläger relevierte Entscheidung befasst sich zwar mit der Möglichkeit des Widerspruchs gegen die vom aufrechnenden getroffene Wahl der zu tilgenden Hauptforderung iSd § 1416 ABGB, hält aber im Übrigen - im Einklang mit der völlig herrschenden LuRsp - ausdrücklich fest, dass eine prozessuale Gegenaufrechnung mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig ist. Die neueste einschlägige Entscheidung 4 Ob 72/11h betrifft demgegenüber die Möglichkeit, eine Gegenforderung nicht durch eine prozessuale (Gegen-)Aufrechnung, sondern durch eine unbedingte materiell-rechtliche Aufrechnung seitens des Klägers zu tilgen. Diese Voraussetzung liegt im vorliegenden Fall aber nicht vor.