VwGH: Anspruch auf Erlassung eines Bescheides
Auch in einem Streit um die Parteistellung und die Antragsbefugnis bestehen, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht; in diesem Fall hat die Partei den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages
§ 8 AVG, § 56 AVG, § 73 AVG
GZ 2011/07/0085, 20.09.2012
VwGH: Gem § 73 Abs 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8 leg cit) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gem § 73 Abs 2 leg cit geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird.
Nach stRsp hat jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein Antrag (oder eine Berufung) offen ist, und ist dieser Anspruch auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages vorliegen. Auch in einem Streit um die Parteistellung und die Antragsbefugnis bestehen, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht. In diesem Fall hat die Partei den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages.
Ist ein Anbringen zurückzuweisen und kommt die Behörde ihrer diesbezüglichen Entscheidungspflicht nicht nach, so hat die mit Devolutionsantrag angerufene Oberbehörde nicht den Devolutionsantrag, sondern in Stattgebung des Devolutionsantrages den Sachantrag zurückzuweisen.
Die belangte Behörde ist im vorliegend angefochtenen Bescheid selbst davon ausgegangen, dass der LH innerhalb der Frist des § 73 Abs 1 AVG die Berufung nicht erledigt hat und der Devolutionsantrag im Hinblick darauf zulässig eingebracht wurde. Selbst wenn man die Ansicht vertreten wollte, dass die im Schriftsatz vom 4. Jänner 2010 gestellten Berufungsanträge der bf Partei, wie die belangte Behörde meint, "unwirksam" seien, weil sich die bf Partei eine Berufungsergänzung vorbehalten habe, hätte auf dem Boden der vorzitierten Rsp der zulässigerweise gestellte Devolutionsantrag nicht zurückgewiesen werden dürfen.