06.05.2013 Zivilrecht

OGH: Konsumentenschutz für Kommanditisten?

Mit der UGB-Reform und Neufassung des § 105 UGB wurde nunmehr die Rechtsfähigkeit der KG und OG gesetzlich normiert; dies führte nach hM zu einem Paradigmenwechsel


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Unternehmensrecht, Kommanditist, Unternehmer, Konsument, richterliches Mäßigungsrecht
Gesetze:

§ 1 UGB, § 105 UGB, § 25d KSchG

GZ 4 Ob 232/12i, 19.03.2013

 

OGH: Die Gesellschaft selbst ist Unternehmensträgerin, Alleineigentümerin des Vermögens und Betreiberin des Unternehmens. Daraus folgt, dass auch nur sie Unternehmerin iSd § 1 UGB sein kann. Die Gesellschafter hingegen sind keine Unternehmer, selbst wenn sie unbeschränkt haften. Sie handeln lediglich als Organe der Gesellschaft und vertreten sie nach außen.

 

Nach dem klaren gesetzlichen Konzept ist der Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht mehr schon allein deshalb Unternehmer, weil er Gesellschafter ist. Ist daher bereits die Unternehmereigenschaft von Gesellschaftern einer OG und von Komplementären einer KG allein aufgrund ihrer Gesellschafterstellung zu verneinen, kann für Kommanditisten nichts Gegenteiliges gelten. Die umfassende Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft nach dem Konzept des UGB führt dazu, dass die Gesellschaft alleinige Trägerin von Rechten und Pflichten und auch Eigentümerin des Gesellschaftsvermögens ist. Folglich betreibt die Gesellschaft das Unternehmen, nicht ihre Gesellschafter. Der Kläger ist daher nicht schon deshalb Unternehmer, weil er Kommanditist ist.

 

Der Senat teilt die im neueren Schrifttum aufgezeigten Bedenken gegen eine ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Beurteilung der Unternehmereigenschaft aufgrund von wenig greifbaren Kriterien. Zutreffend merkt Schuhmacher an, dass jeder Handelnde ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Rechtsgeschäft haben wird Auch ist P. Bydlinski zu folgen, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise keine methodisch anerkannte Auslegungsmethode ist. Es sind vielmehr teleologische Überlegungen anzustellen.

 

Der Senat vertritt daher die Auffassung, dass die teleologische Reduktion nicht generell beim Anwendungsbereich des § 1 KSchG zu erfolgen hat, sondern bei der jeweils konkret fraglichen Norm.

 

Der Kommanditist ist daher - ebenso wie der Komplementär - zunächst nicht als Unternehmer iSd UGB, sondern als Verbraucher iSd KSchG anzusehen. Eine „wirtschaftliche“ Betrachtungsweise ist auf dieser Ebene nicht anzustellen. In weiterer Folge ist jedoch aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob bestimmte Normen des KSchG aufgrund teleologischer Erwägungen auf ihn nicht anzuwenden sind.

 

Voraussetzung einer solchen teleologischen Reduktion ist zum einen bei Normen, die auf ein Handelsgeschäft abstellen, dessen Bezug zur unternehmerischen, und zum anderen kommt es bei Personengesellschaftern ganz generell nicht bereits aufgrund deren unbeschränkter Haftung zu einer „Unternehmerbehandlung in Bezug auf die Norm“, vielmehr ist die Innehabung der Geschäftsführungsbefugnis ausschlaggebend. Dies ist sachgerecht, weil die Geschäftsführertätigkeit die geschäftliche Erfahrung mit sich bringt, die den Unternehmer nach der Vorstellung des Gesetzgebers vom Verbraucher unterscheidet.

 

§ 25d KSchG soll dem Richter ein Mäßigungsrecht zur Lösung der Probleme durch unerträgliche persönliche Haftungen in die Hand geben. Die Norm enthält selbst bereits ein bewegliches System, das auf die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers abstellt.