29.04.2013 Zivilrecht

OGH: Vereinfachtes Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG iZm wasserbehördlichem Zwangsrecht

Aus § 60 Abs 3 zweiter Satz WRG folgt, dass die dort genannten Zwangsrechte den Kläger als Eigentümer der belasteten Liegenschaft binden, unabhängig davon, dass seiner Rechtsvorgängerin diese Teilfläche im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zugeschrieben wurde; das wasserbehördliche Zwangsrecht ist dadurch nicht erloschen; diese Beurteilung gilt unabhängig davon, ob das Zwangsrecht iSd § 60 Abs 1 lit c iVm § 63 WRG im Grundbuch einverleibt ist oder nicht, weil die gesetzlich angeordnete Bindung nach § 60 Abs 3 zweiter Satz WRG den jeweiligen Eigentümer der belasteten Liegenschaft trifft


Schlagworte: Grundbuchsrecht, Liegenschaftsteilung, vereinfachtes Verfahren, Wasserrecht, Dienstbarkeit, Zwangsrechte
Gesetze:

§§ 15 ff LiegTeilG, §§ 472 ff ABGB, § 60 WRG, § 63 WRG

GZ 1 Ob 44/13x, 14.03.2013

 

OGH: Es entspricht bisheriger Rsp, dass bei der Verbücherung von Eigentumsänderungen im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG idF vor der Grundbuchs-Novelle 2008 die Mitübertragung bücherlicher Lasten, insbesondere auch von Dienstbarkeiten, ausgeschlossen, § 3 LiegTeilG also unanwendbar ist.

 

Mit der Neuregelung des vereinfachten Verfahrens zur Verbücherung bestimmter Anlagen durch die Grundbuchs-Novelle 2008 wurde die Möglichkeit der Mitübertragung von Lasten im vereinfachten Verbücherungsverfahren geschaffen. Insbesondere bei Leitungsdienstbarkeiten wird nicht nur die Möglichkeit, sondern meist auch das Bedürfnis gegeben sein, dass solche Dienstbarkeiten nach der Errichtung und Verbücherung der Anlage weiterbestehen. Dem wird nunmehr dadurch Rechnung getragen, dass die Mitübertragung von Dienstbarkeiten gegebenenfalls zu beantragen (§ 16 LiegTeilG) und zu bewilligen (§ 18 LiegTeilG) ist.

 

Für Zwangsrechte nach § 60 Abs 1 lit c iVm § 63 WRG - wie hier die von der Wasserrechtsbehörde zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründete Dienstbarkeit der Transportwasserleitung - besteht aber gem § 60 Abs 3 WRG eine gesetzliche Sonderregelung, die den Bestimmungen über die Abschreibung eines Teilstücks im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG vorgeht.

 

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 12. 7. 1974 wurde iZm einer wasserrechtlichen Bewilligung die Dienstbarkeit der Transportwasserleitung auf dem nunmehrigen Grundstück des Klägers zu Gunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten begründet (§ 60 Abs 3 erster Satz iVm § 60 Abs 1 lit c und § 63 WRG). Bei diesem Bescheid, mit dem ein Zwangsrecht iSd § 60 Abs 3 WRG begründet wurde, handelt es sich um einen konstitutiven Akt. Dieses Zwangsrecht bindet den jeweiligen Eigentümer der belasteten Liegenschaft, ohne dass es einer Einverleibung des Zwangsrechts oder einer Ersitzung des Rechts durch den Wasserberechtigten bedürfte (§ 60 Abs 3 zweiter Satz WRG). Zwangsrechtsbescheide haben dingliche Wirkung; dh sie binden auch die Rechtsnachfolger der ursprünglichen Bescheidadressaten. Ob diese vom Zwangsrechtsbescheid bzw vom Bestand des Zwangsrechts Kenntnis haben oder nicht, ist dabei ohne Belang. Zwangsrechte können im Grundbuch eingetragen werden (vgl § 119 Abs 2 WRG); dies ordnet das WRG im vorliegenden Zusammenhang allerdings nicht zwingend an. Aus § 60 Abs 3 zweiter Satz WRG folgt demnach, dass die dort genannten Zwangsrechte - wie hier die Dienstbarkeit der Transportwasserleitung - den Kläger als Eigentümer der belasteten Liegenschaft binden, unabhängig davon, dass seiner Rechtsvorgängerin diese Teilfläche im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zugeschrieben wurde. Das wasserbehördliche Zwangsrecht ist dadurch nicht erloschen.

 

Diese Beurteilung gilt unabhängig davon, ob das Zwangsrecht iSd § 60 Abs 1 lit c iVm § 63 WRG im Grundbuch einverleibt ist oder nicht, weil die gesetzlich angeordnete Bindung nach § 60 Abs 3 zweiter Satz WRG den jeweiligen Eigentümer der belasteten Liegenschaft trifft. Eine „unzulässige Ungleichbehandlung“ liegt - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht vor.

 

Das wasserbehördliche Zwangsrecht war und ist entschädigungspflichtig (vgl § 60 Abs 2 WRG: „angemessene Entschädigung“). Der Rechtsvorgänger des Klägers und vormalige Eigentümer des Liegenschaftsteils, in dem sich die Transportwasserleitung befindet, musste demnach entschädigt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers läge sehr wohl ein unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie (Art 5 StGG; Art 1 des 1. ZP zur EMRK) problematischer Rechtseingriff zu Lasten der Beklagten vor, käme es bei der Abschreibung eines Teilstücks im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zum Erlöschen des gegen eine Entschädigung eingeräumten wasserbehördlichen Zwangsrechts.