01.04.2013 Zivilrecht

OGH: § 28 KSchG und Wegfall der Wiederholungsgefahr

Fügt der Verwender oder der Empfehler von AGB seiner nach Abmahnung gem § 28 Abs 2 KSchG abgegebenen Unterlassungserklärung neu formulierte Ersatzklauseln bei, liegt auch dann keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung vor, die die Wiederholungsgefahr beseitigt, wenn die neuen Klauseln im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln nicht „sinngleich“ sind; wurden zwar keine Ersatzklauseln formuliert, aber in der Unterlassungserklärung ankündigt, die „konsumentenschutzrechtlich unbedenklichen“ Teile der beanstandeten Klauseln in deren künftigen Neufassung weiter zu verwenden, beseitigt dies die Wiederholungsgefahr nicht


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Verbandsklage, Abmahnung, Unterlassungserklärung, Ersatzklauseln, Weiterverwendung der „konsumentenschutzrechtlich unbedenklichen“ Teile, eingeschränkte Unterwerfung
Gesetze:

§ 28 KSchG

GZ 10 Ob 92/11v, 20.11.2012

 

OGH: Zur Frage des Fortbestehens der Wiederholungsgefahr bei Formulierung von Ersatzklauseln wurde in der Entscheidung des verstärkten Senats vom 11. September 2012, 6 Ob 24/11i, nach eingehender Darstellung der LuRsp und nach Abwägen der in der Lehre vorgebrachten Argumente folgender Rechtssatz formuliert:

 

Fügt der Verwender oder der Empfehler von AGB seiner nach Abmahnung gem § 28 Abs 2 KSchG abgegebenen Unterlassungserklärung neu formulierte Ersatzklauseln bei, liegt auch dann keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung vor, die die Wiederholungsgefahr beseitigt, wenn die neuen Klauseln im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln nicht „sinngleich“ sind.

 

Mit diesem Rechtssatz (in diesem Sinn bereits RIS-Justiz RS0111640) steht die Ansicht der Vorinstanzen in Einklang, hinsichtlich der Klauseln 3, 4, 5, 6 und 14 entspreche die auf die Abmahnung erfolgte Erklärung der beklagten Partei unter gleichzeitiger Formulierung von Ersatzklauseln nicht dem Erfordernis einer unbedingten, uneingeschränkten und strafbewehrten Unterlassungserklärung, weshalb sie nicht geeignet sei, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

 

Es entspricht der schon vor der Entscheidung des verstärkten Senats ergangenen Rsp, dass nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gem § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung die Wiederholungsgefahr beseitigen kann. Werden Einschränkungen oder Bedingungen angeführt, entfällt die Wiederholungsgefahr nicht. Die Verwendung der Klausel muss für die Zukunft geradezu ausgeschlossen sein und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch durch eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen. Die mit dem Abmahnverfahren angestrebte außergerichtliche Streitbereinigung tritt daher nur ein, wenn für beide Seiten Rechtssicherheit besteht.

 

Hat die beklagte Partei hingegen erklärt, die in der Unterlassungserklärung vollständig oder zum Teil gestrichenen Klauseln in Zukunft nicht zu unterlassen, sondern weiterhin verwenden zu wollen, liegt keine umfassende Unterlassungserklärung vor. Ist der Großteil der Bestimmungen in der Unterlassungserklärung durchgestrichen und hätten die verbleibenden Worte keinen selbständigen ausreichenden Erklärungswert, ist von keiner ausreichenden Unterlassungserklärung iSd § 28 Abs 2 KSchG auszugehen.

 

Auch wenn die beklagte Partei noch keine Ersatzklauseln formuliert, aber in der Unterlassungserklärung ankündigt, die „konsumentenschutzrechtlich unbedenklichen“ Teile der beanstandeten Klauseln in deren künftigen Neufassung weiter zu verwenden, wurde die Unterlassungserklärung als nicht geeignet erachtet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Der mit der Abmahnung vorprozessual geltend gemachte Unterlassungsanspruch betreffe die davon umfassten Klauseln in ihrem gesamten Wortlaut und nicht nur in einzelnen Textteilen, weshalb wegen der beigefügten Einschränkung keine umfassende Unterlassungserklärung vorliege.

 

In der Entscheidung des verstärkten Senats 6 Ob 24/11i wurde ausgeführt, für den Fall, dass die Unterlassung in Ansehung gesetzlich zulässiger Klauseln oder von Teilen derselben bzw aus nach dem Gesetz nicht zutreffenden Gründen gefordert werde („Übermaßabmahnung“), beseitige eine bloß teilweise Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht. Die Willenseinigung über zwischen den Parteien Strittiges liege dann nicht vor. Die angestrebte Rechtssicherheit könne in diesem Fall im Abmahnverfahren nicht erreicht werden. Der Unternehmer müsse sich vollständig („alles oder nichts“) iSd Abmahnung unterwerfen.

 

Auch mit diesem in der Entscheidung des verstärkten Senats erzielten Ergebnis stimmt die Rechtsansicht der Vorinstanzen überein, es sei vom Fortbestehen der Wiederholungsgefahr auszugehen, weil die Unterlassungserklärung nur unter der Bedingung des Unterliegens in einem Parallelprozess abgegeben wurde und überdies unter dem Vorbehalt der Weiterverwendung einer als gesetzmäßig erachteten Textpassage (nach sprachlicher Ergänzung bzw Neufassung).