25.03.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob im Hinblick auf § 879 Abs 3 ABGB unter Verwendung von Textbausteinen erstellte, individuell angepasste Mietverträge Vertragsformblättern gleichzustellen sind

Auch der äußeren Form nach individuell gestaltete Vereinbarungen können in Wahrheit AGB enthalten; Gleiches gilt für vergleichbare Konstellationen, wie die Verwendung einseitig vorformulierter individueller Vertragstexte, weil der unterlegene Partner sich hier in derselben Situation befindet wie bei Verwendung von AGB durch den strukturell überlegenen Partner


Schlagworte: Inhaltskontrolle, gröbliche Benachteiligung, Vertragsformblätter, Textbausteine
Gesetze:

§ 879 Abs 3 ABGB

GZ 6 Ob 206/12f, 27.02.2013

OGH: Nach der Rsp des OGH macht es für die Anwendung des § 879 Abs 3 ABGB keinen Unterschied, ob sich die Regelung in separaten AGB oder in Vertragsformblättern befindet. Auch der äußeren Form nach individuell gestaltete Vereinbarungen können in Wahrheit AGB enthalten. In all diesen Fällen liegt typischerweise eine besondere Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien vor, der § 879 Abs 3 ABGB Rechnung tragen will. Gleiches gilt für vergleichbare Konstellationen, wie die Verwendung einseitig vorformulierter individueller Vertragstexte, weil der unterlegene Partner sich hier in derselben Situation befindet wie bei Verwendung von AGB durch den strukturell überlegenen Partner.

Das Berufungsgericht ist auf der Tatsachenebene davon ausgegangen, dass die hier zu beurteilenden Mietverträge offenkundig unter Verwendung von Textbausteinen erstellt und bloß für den Einzelfall angepasst wurden; dem widerspricht die Klägerin in ihrem Rekurs auch nicht. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass derartige im Wege automatischer Textverarbeitung erstellte Verträge, die heutzutage üblicherweise von Hausverwaltungen und professionellen Vermietern verwendet und individuell adaptiert würden, den Vertragsformblättern, die in der Praxis aufgrund der nunmehr gegebenen technischen Möglichkeiten kaum mehr Verwendung fänden, gleichzustellen seien, ist wiederum durchaus vertretbar; auch in einem solchen Fall liegt ja regelmäßig kein im Einzelfall ausgehandelter Vertrag vor. Dass dies hier anders gewesen wäre, lässt sich weder den Feststellungen der Vorinstanzen noch dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Rekurs entnehmen.

Dass die der Beklagten übertragenen „Endrenovierungspflichten“ angesichts bestehender Rsp gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoßen, bestreitet die Klägerin in ihrem Rekurs nicht (mehr).