OGH: Zur Frage, ob nach rechtskräftigem Unzuständigkeitsausspruch eines Gerichts eine Rücküberweisung gem § 38 Abs 2 ASGG an dieses Gericht zulässig ist
Weder bei einer Unzuständigkeitseinrede des Beklagten noch bei einer amtswegigen Zuständigkeitsprüfung durch das Gericht darf ein abermaliger Ausspruch der Unzuständigkeit auf Tatsachen gestützt werden, aus denen sich die Zuständigkeit des überweisenden Gerichts ergeben würde; daran ändert auch § 38 Abs 2 ASGG nichts, ist dieser doch nur anzuwenden, wenn die Überweisung der Rechtssache an ein anderes Gericht mit der Begründung vorgenommen wird, dass das andere Gericht, an das überwiesen wird, als Arbeits- und Sozialgericht zuständig ist
§ 38 ASGG, § 37 ASGG, § 46 JN
GZ 6 Ob 254/12i, 31.01.2013
Der Kläger rief im vorliegenden Verfahren zunächst das LG Korneuburg mit der Begründung an, er mache keine Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis mit der Beklagten geltend, sondern stütze sich auf das zwischen ihnen bestandene Bestandverhältnis.
OGH: Entscheidend für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs - weil ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wurde - waren das Klagebegehren und die Klagebehauptungen; ohne Bedeutung war dagegen, was die Beklagte einwendete oder ob der behauptete Anspruch auch begründet ist. Die Frage, ob eine Arbeitsrechtssache iSd § 50 ASGG vorliegt oder nicht und ob die Rechtssache in der Gerichtsbesetzung nach § 11 ASGG zu verhandeln und zu entscheiden ist, wäre vom angerufenen Gericht von Amts wegen zu prüfen gewesen. Dies hat das LG Korneuburg hier nicht getan, auch wenn es die Problematik ganz offensichtlich erkannt hat.
Ist eine Partei der Auffassung, dass dasjenige Gerichtsorgan, das die Sache behandelt, nicht dazu berufen ist, ist das Verfahren nach § 37 Abs 3 ASGG durchzuführen. Die Beklagte hat sich hier (trotz unrichtiger Antragstellung) erkennbar auf das Vorliegen einer Arbeitsgerichtssache berufen. Dennoch hat das LG Korneuburg nicht ein derartiges Verfahren zur Klärung der richtigen Gerichtsbesetzung durchgeführt, sondern die Rechtssache auf Antrag des Klägers nach § 261 Abs 6 ZPO an das BG Schwechat überwiesen.
Da weder der Kläger noch die Beklagte diesen Überweisungsbeschluss bekämpften, kann die Frage auf sich beruhen, ob bei der gegebenen Konstellation nicht allenfalls trotz des Rechtsmittelausschlusses des § 261 Abs 6 Satz 5 ZPO eine Anfechtung der Überweisung in Betracht gekommen wäre, wovon offensichtlich das Rekursgericht ausgegangen ist. Jedenfalls ist aber zu berücksichtigen, dass weder bei einer Unzuständigkeitseinrede des Beklagten noch bei einer amtswegigen Zuständigkeitsprüfung durch das Gericht ein abermaliger Ausspruch der Unzuständigkeit auf Tatsachen gestützt werden darf, aus denen sich die Zuständigkeit des überweisenden Gerichts ergeben würde. Daran ändert auch § 38 Abs 2 ASGG nichts, ist dieser doch nur anzuwenden, wenn die Überweisung der Rechtssache an ein anderes Gericht mit der Begründung vorgenommen wird, dass das andere Gericht, an das überwiesen wird, als Arbeits- und Sozialgericht zuständig ist; hier wurde aber an das BG Schwechat überwiesen.
Das LG Korneuburg hat sich in seinem Überweisungsbeschluss ausdrücklich für sachlich unzuständig erklärt. Nach § 46 Abs 1 JN ist dieser Ausspruch für jedes Gericht bindend, bei welchem die Rechtssache in der Folge anhängig wird, also hier für das BG Schwechat. Dieses durfte somit nicht aussprechen, dass das ursprünglich angerufene Gericht zuständig gewesen wäre. Dass das LG Korneuburg nunmehr als Arbeits- und Sozialgericht zuständig gemacht werden sollte, ändert daran nichts. Dies ist lediglich eine Frage der Besetzung des Gerichtshofs; BG Schwechat und LG Korneuburg stehen zueinander aber im Verhältnis sachlicher (Un-)Zuständigkeit.
Dem Revisionsrekurs war damit ein Erfolg zu versagen.