OGH: Gesellschaftsrecht – Kapitalerhöhung und Minderheitsgesellschafter
Eine Erhöhung des Stammkapitals ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Gesellschafter wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die neuen Stammanteile zu übernehmen
§§ 52 f GmbHG
GZ 6 Ob 155/12f, 19.12.2012
OGH: Der OGH hat den Schutz des betroffenen Gesellschafters vor einer Verwässerung des inneren Werts seiner Beteiligung bislang nur im Falle eines Bezugsrechtsausschlusses durch den Kapitalerhöhungsbeschluss geprüft. Danach darf der neue Geschäftsanteil dem bevorzugten Gesellschafter oder einem Dritten nur - unter etwaiger Verpflichtung zur Festsetzung eines Agios - zu einem angemessenen Übernahmepreis überlassen werden, um den Schutz der vom Bezugsrechtsausschluss betroffenen Gesellschafter gegen eine enteignungsgleiche Verwässerung ihrer Anteile zu gewährleisten.
Dieses Verwässerungsverbot gilt auch dann, wenn das Bezugsrecht sämtlicher Gesellschafter zugunsten eines Dritten ausgeschlossen wird, auch wenn in einem solchen Fall der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter nicht verletzt wird. Auch in einem solchen Fall darf ein neuer Geschäftsanteil nur gegen eine wertentsprechende Gegenleistung (Agio) eingeräumt werden.
Diese Anwendungsfälle sind im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig.
Der in Deutschland vertretenen Auffassung schließt sich der erkennende Senat für Österreich im Hinblick auf das durch sie (ansonsten möglicherweise) eröffnete Erpressungspotenzial jedenfalls für einen Fall wie dem vorliegenden nicht an, in dem ein Bezugsrechtsausschluss nicht vorliegt, ein rechtsmissbräuchliches Motiv des Mehrheitsgesellschafters (wie etwa ein langfristig geplanter Hinauswurf des Minderheitsgesellschafters qua Gesellschafter-Ausschlussgesetz) nicht feststeht, alle Gesellschafter nach den Feststellungen auch wirtschaftlich in der Lage sind, bei der Kapitalerhöhung mitzuziehen, und letztlich eine Interessenabwägung eher gebietet, den Kapitalerhöhungsbeschluss (festgestellter Finanzierungsbedarf) bestehen zu lassen.