04.03.2013 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters gem § 17 Abs 1 Z 1 iVm § 19 Abs 1 GlBG – Abstellen auf eine „fiktive Vergleichsperson“, wenn eine Stelle überhaupt nicht besetzt wird?

Die Definition der unmittelbaren Diskriminierung erfordert es, dass jeweils eine Vergleichsperson gefunden wird; dass diese Vergleichsperson dann eine „hypothetische“ sein muss, wenn sich nur eine Person bewirbt oder nur eine Person das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt, ergibt sich schon aus dem Gesetz („erfahren würde“); dass die ausgeschriebene Stelle bisher nicht besetzt wurde, ändert nichts an der unmittelbaren Diskriminierung iSd § 19 Abs 1 GlBG


Schlagworte: Gleichbehandlungsrecht, unmittelbare Diskriminierung, Arbeitsverhältnis, Alter, fiktive Vergleichsperson
Gesetze:

§ 17 GlBG, § 19 GlBG

GZ 9 ObA 154/12f, 29.01.2013

 

OGH: § 17 Abs 1 Z 1 GlBG verbietet ua aufgrund des Alters jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.

 

§ 19 GlBG beinhaltet die Begriffsbestimmung in der unmittelbaren (Abs 1) und der mittelbaren Diskriminierung (Abs 2) für den II. Teil des GlBG, so wie § 5 GlBG für den I. Teil des GlBG. Nach § 19 Abs 1 GlBG liegt - folgend Art 2 Abs 2 lit a RL 2000/78/EG - eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

 

Allgemein wird eine Diskriminierung angenommen, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte oder gleiche Vorschriften auf ungleiche Sachverhalte angewendet werden. Die Definition der unmittelbaren Diskriminierung erfordert es, dass jeweils eine Vergleichsperson gefunden wird. Dass diese Vergleichsperson dann eine „hypothetische“ sein muss, wenn sich nur eine Person bewirbt („Einpersonenbewerbung“) oder - wie im vorliegenden Fall - nur eine Person das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt, ergibt sich schon aus dem Gesetz („erfahren würde“). Insofern hat sich die Rechtslage durch die GleichbehandlungsrahmenRL 2000/78/EG und das Gleichbehandlungsgesetz BGBl I 2004/66 geändert.

 

Da der Kläger im Bewerbungsvorgang alleine wegen seines zu hohen Alters benachteiligt wurde, wurde er nach § 17 Abs 1 Z 1 GlBG bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses wegen seines Alters diskriminiert, also gegenüber einem vergleichbaren jüngeren Bewerber benachteiligt. Dies muss aber - entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin - nicht zwangsläufig zur Folge haben, dass eine bestimmte andere Person bevorzugt wurde. Dass die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle bisher nicht besetzt wurde, ändert nichts an der unmittelbaren Diskriminierung des Klägers iSd § 19 Abs 1 GlBG.