19.02.2013 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein mitversicherter Mithalter, der nicht gleichzeitig Versicherungsnehmer ist, die Alkoholklausel in Art 9.2.2. AKHB 2007/2 verletzt, wenn er einer durch Alkohol beeinträchtigten Person das Lenken des von ihm mitgehaltenen Fahrzeugs überlässt

Die Verletzung der Alkoholklausel fällt nicht nur dem Versicherungsnehmer zur Last, wenn er selbst sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch dann, wenn er sein Fahrzeug einer derart beeinträchtigten Person zum Lenken überlassen hat; nach § 5 Abs 3 KHVG bleibt die Leistungspflicht jedenfalls im Fall des § 5 Abs 1 Z 5 KHVG (Alkoholklausel) gegenüber anderen versicherten haftpflichtigen Personen als dem Lenker bestehen, sofern für diese die Obliegenheitsverletzung ohne Verschulden nicht erkennbar war; dieser Bestimmung entspricht Art 9.2. AKHB 2007/2, der insofern vom „Versicherungsnehmer und anderen mitversicherten Personen als dem Lenker“ spricht; den Versicherungsnehmer und die anderen mitversicherten Personen trifft der Beweis des Fehlens jeden Verschuldens, den Versicherer der Beweis des Vorliegens der Obliegenheitsverletzung


Schlagworte: Versicherungsrecht, Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsrecht, mitversicherter Mithalter, Alkoholklausel, alkoholisierter Lenker
Gesetze:

§ 2 KHVG, § 5 KHVG, Art 9.2.2. AKHB 2007/2

GZ 7 Ob 57/12a, 25.04.2012

 

OGH: Mitversichert im Bereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sind gem § 2 Abs 2 KHVG (= Art 2.1. AKHB 2007/2) der Eigentümer, der Halter und Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig sind oder mit dem Fahrzeug befördert werden oder die den Lenker einweisen. Zweifellos handelt es sich bei dem beim Unfall verletzten Kläger, der unstrittig Mithalter des Pkws ist, um einen Mitversicherten. In der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist der Mitversicherte, hinsichtlich dessen Person die Versicherung für fremde Rechnung geschlossen ist (§ 11 Abs 1 KHVG; Art 2.2. AKHB 2007/2), nach der Regelung des § 78 VersVG zur Erfüllung der gegenüber dem Versicherer bestehenden Obliegenheiten verpflichtet. Die gegenteilige Ansicht des Klägers trifft daher nicht zu.

 

Der als Mithalter nach § 2 Abs 2 KHVG mitversicherte Kläger kann gem § 11 Abs 3 KHVG - sieht man vom Fall einer Gefahrerhöhung ab - nur dann im Rahmen des § 7 KHVG regresspflichtig sein, wenn er durch die Verletzung einer der in § 5 Abs 1 KHVG erschöpfend aufgezählten Obliegenheiten die Leistungsfreiheit der beklagten Versicherung herbeigeführt hat.

 

§ 5 Abs 1 Z 5 KHVG sieht als vor Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtende Obliegenheit vor, dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol (oder Suchtgift) beeinträchtigten Zustand iSd Straßenverkehrsvorschriften befindet (sog Alkoholklausel). Dem entspricht Art 9.2.2. AKHB 2007/2. Der Regressanspruch des Versicherers hängt von der doppelten Voraussetzung eines Nachweises der Alkoholisierung und überdies - nach § 5 Abs 4 KHVG, Art 9.2. AKHB 2007/2 - von der rechtskräftigen Entscheidung eines (Straf-)Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde ab, in deren Spruch oder in deren Begründung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Lenker K wies einen Blutalkoholgehalt von ca 1,5 Promille auf und wurde von einem Strafgericht rechtskräftig gem § 88 Abs 1 und 4 zweiter Fall (§ 81 Abs 1 Z 2) StGB wegen der Tat unter Alkoholeinfluss verurteilt.

 

Die Verletzung der Alkoholklausel fällt nicht nur dem Versicherungsnehmer zur Last, wenn er selbst sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sondern auch dann, wenn er sein Fahrzeug einer derart beeinträchtigten Person zum Lenken überlassen hat. Nach § 5 Abs 3 KHVG bleibt die Leistungspflicht jedenfalls im Fall des § 5 Abs 1 Z 5 KHVG (Alkoholklausel) gegenüber anderen versicherten haftpflichtigen Personen als dem Lenker bestehen, sofern für diese die Obliegenheitsverletzung ohne Verschulden nicht erkennbar war. Dieser Bestimmung entspricht Art 9.2. AKHB 2007/2, der insofern vom „Versicherungsnehmer und anderen mitversicherten Personen als dem Lenker“ spricht. Den Versicherungsnehmer und die anderen mitversicherten Personen trifft der Beweis des Fehlens jeden Verschuldens, den Versicherer der Beweis des Vorliegens der Obliegenheitsverletzung.

 

Der Beklagten ist der Beweis der Verletzung der Alkoholklausel gelungen, nicht jedoch dem Kläger der Beweis des fehlenden Verschuldens dahin, dass ihm diese Obliegenheitsverletzung nicht erkennbar gewesen ist. Er überließ dem ebenfalls beträchtlich alkoholisierten K das Lenken des Fahrzeugs nach einer Weinverkostung in einem Weinkeller und einem darauffolgenden Zwischenstopp in einem Lokal, wo eine große Menge Alkohol konsumiert wurde. Die starke Alkoholisierung des Klägers ändert nichts daran, dass er durch sein schuldhaftes Verhalten den alkoholisierten Lenker in die Lage versetzte, das Fahrzeug zu lenken. Er hat schon dieses einleitende Verhalten zu vertreten. Da den Kläger als Mitversicherten (Mithalter) ein Verschulden an der Obliegenheitsverletzung (Alkoholklausel) trifft, besteht ein Regressanspruch der Beklagten ihm gegenüber infolge ihrer Leistungsfreiheit bis zu einem Betrag von 11.000 EUR (§ 7 Abs 1 KHVG, Art 11.1. AKHB 2007/2). Zutreffend erkannte das Berufungsgericht daher, dass die Gegenforderung der Beklagten zumindest bis zur Höhe des als berechtigt beurteilten Klagsbetrags von 10.000 EUR zu Recht besteht.