22.01.2013 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Einbringung einer Beschwerde gem § 120 StVG bei Strafvollzugsbedienstetem oder der Vollzugskammer?

Erfolgt eine Einbringung iSd dritten Satzes des § 120 Abs 2 VStG, ist diese gegebenenfalls rechtzeitig und kommt der vierte Satz der genannten Bestimmung, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter richtet, nicht mehr zum Tragen


Schlagworte: Strafvollzugsrecht, Beschwerden, Anstaltsleiter, Einbringung bei Strafvollzugsbediensteten / Vollzugskammer, Beschwerdefrist, an unzuständige Behörde gerichtet
Gesetze:

§ 120 StVG, § 11g StVG

GZ 2009/06/0116, 22.02.2012

 

In der Beschwerde wird vorgebracht, eine Beschwerde nach dem StVG sei grundsätzlich bei der Vollzugsbehörde erster Instanz einzubringen. Mit der Überreichung gelte die Beschwerde als eingebracht, und die Beschwerdefrist sei damit gegebenenfalls gewahrt. Lediglich wenn es sich um eine Beschwerde gegen den Anstaltsleiter handle, könne die Beschwerde unter Wahrung der Beschwerdefrist auch direkt bei der Vollzugskammer eingebracht werden. Eine Beschwerde gegen ein Ordnungsstraferkenntnis der Anstaltsleitung könne daher fristwahrend entweder bei der Vollzugsbehörde erster Instanz oder direkt bei der Vollzugskammer eingebracht werden. Da die Beschwerde am 1. April 2009 und somit innerhalb der Rechtsmittelfrist bei der Vollzugsbehörde erster Instanz eingebracht worden sei, sei die Zurückweisung wegen Verspätung zu Unrecht erfolgt. Insoweit im bekämpften Bescheid ausgeführt werde, dass das Rechtsmittel nicht an die zuständige Behörde gerichtet gewesen sei, sei hervorzuheben, dass es für die Wahrung der Rechtsmittelfrist nicht entscheidend sei, an wen das Rechtsmittel gerichtet sei, sondern ob es bei der für die Einbringung zuständigen Behörde eingebracht worden sei.

 

VwGH: Gem § 120 Abs 2 dritter Satz StVG sind Beschwerden schriftlich oder zu der vom Anstaltsleiter festzusetzenden Tageszeit mündlich bei dem hiefür zuständigen Strafvollzugsbediensteten anzubringen. Im vierten Satz der genannten Bestimmung wird normiert, dass dann, wenn sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter richtet und sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der zuständigen Vollzugskammer eingebracht wird, dies als rechtzeitige Einbringung "gilt". Als Einbringungsstelle ist somit der zuständige Strafvollzugsbedienstete im § 120 Abs 2 StVG eindeutig festgelegt. In der Vollzugsstelle der Justizanstalt ist die Beschwerde am 1. April 2009 eingelangt. Der vierte Satz des § 120 Abs 2 StVG normiert lediglich einen weiteren (arg: "gilt") Fall, in dem eine rechtzeitige Einbringung auch bei einer anderen Stelle als dem zuständigen Strafvollzugsbediensteten gegeben ist. Erfolgt eine Einbringung iSd dritten Satzes des § 120 Abs 2 VStG, ist diese gegebenenfalls rechtzeitig und kommt der vierte Satz der genannten Bestimmung, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter richtet, nicht mehr zum Tragen. Der rechtzeitigen Einbringung iSd vierten Satzes bedarf es nicht, wenn bereits die generellen Einbringungskriterien des dritten Satzes erfüllt sind.

 

Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, verschlägt es nichts, wenn die Beschwerde textlich an ein anderes Organ als an die Berufungsbehörde gerichtet ist. Auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerde hat dies keinen Einfluss, es bedarf auch keiner Weiterleitung iSd § 6 AVG, solange die Einbringungsstelle iSd § 120 Abs 2 dritter Satz StVG rechtzeitig erreicht wurde (vgl dazu, dass die inhaltliche Adressierung in der Beschwerde an die richtige Behörde auch im Bereich des § 63 AVG bei Berufungen nicht essentiell ist, sofern die Berufung bei der richtigen Stelle eingebracht wird, Hengstschläger/Leeb, AVG III, S 864 f Rz 110, mwN).