14.01.2013 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Bezugnahme auf Kollektivvertrag gem § 43 Abs 3 ASGG nur durch die Beklagte

Ein nach entsprechendem Vorbringen einer Partei gem § 43 Abs 3 ASGG von Amts wegen zu beachtender Kollektivvertrag im Verfahren ist nicht nur zu Gunsten des Rechtsstandpunkts derjenigen Partei anzuwenden, die sich ausdrücklich auf ihn berufen hat


Schlagworte: Kollektivrechtliche Normen, Inhalt, Bezugnahme, von Amts wegen
Gesetze:

§ 43 ASGG, §§ 2 ff ArbVG

GZ 8 ObA 14/12k, 24.10.2012

 

OGH: Gem § 43 Abs 3 ASGG ist der Inhalt kollektivrechtlicher Normen von Amts wegen zu ermitteln, wenn sich eine Partei auf sie beruft; dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren. Macht keine der Parteien die Anwendung eines Kollektivvertrags geltend, ist daher von Amts wegen nicht danach zu forschen. Auf anspruchsbegründende oder anspruchsvernichtende Kollektivvertragsbestimmungen muss sich eine Partei bereits in erster Instanz berufen. Die Bezugnahme auf eine Kollektivvertragsbestimmung ersetzt auch nicht die zur Konkretisierung der behaupteten Rechtsfolge erforderlichen Tatsachenbehauptungen.

 

Diese Grundsätze können aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht dahin ausgelegt werden, dass ein nach entsprechendem Vorbringen einer Partei gem § 43 Abs 3 ASGG von Amts wegen zu beachtender Kollektivvertrag im Verfahren immer nur zu Gunsten des Rechtsstandpunkts derjenigen Partei anzuwenden wäre, die sich ausdrücklich auf ihn berufen hat. Sobald kollektivrechtliche Normen einmal Verfahrensgegenstand geworden sind, kommt bei der rechtlichen Beurteilung nur eine Anwendung ihres gesamten Inhalts auf den gesamten Prozessstoff in Frage.